Krimi-Komödie von Mizzi Meyer / nach der gleichnamigen NDR-Serie
Kostüme: Miep Koudijs
Vor ca. 10 Jahren strahlte der NDR die ersten Folgen von „Der Tatortreiniger“ noch gänzlich versteckt im Nachtprogramm aus und machte mit dieser Entscheidung deutlich, dass es diesem speziellen Format wenig Erfolg in Aussicht stellte. Doch alles kam anders: Wie viele andere Fernsehzuschauer mit mir war auch ich ein Fan der ersten Stunde, der nach einer Krimi-Komödie lechzte, die mit Skurrilität, schwarzem Humor, Selbstironie, pikanten Themen und exzellenten Schauspielern überzeugte und sich wohltuend vom oberflächlichen massenkompatiblen TV-Humor abhob. Und schon damals stellte ich mir die Frage, wann diese intelligent-humoristischen Episoden im Kammerspiel-Format ihren Weg auf die Bühnen finden. Doch erst im August letzten Jahres feierte Schotty im „Das kleine Hoftheater“ im Hamburger Stadtteil Horn seine theatralische Uraufführung. Und natürlich lässt sich das „bremer kriminal theater“ eine solche Chance nicht entgehen und kündigte für den 18. Dezember 2020 die Bremer Premiere an. Naja, und dann kam Lockdown Nr. XYZ…!
Das bremer kriminal theater rühmt sich, das spannendste Theater Bremens zu sein, und dem können wir nur zustimmen. Nicht umsonst zählt es zu DEN Theatern, bei denen wir gerne zum Wiederholungstäter mutieren. Regisseur Ralf Knapp und sein Team wählten aus der Füller an Aufträgen, die Schotty bisher meistern musste, die drei ersten Folgen der allerersten Staffel aus.
Das Bühnenbild überzeugt wieder in der b.k.t.-eigenen Ästhetik: Wenige Versatzteile werden variabel eingesetzt und schaffen so unterschiedliche perspektivische Möglichkeiten. Als Blutflecke kommen rote Stofffetzen zum Einsatz, die von Schotty – wie durch Zauberkraft – weggeputzt werden. Nur wenige Requisiten werden benötigt, dafür liefern die Muster auf Tapeten und Sofaüberwurf Bezüge zur jeweiligen Handlung.
Ralf Knapp besetzte die Rollen mit bekannten Gesichtern aus dem b.k.t.-Kosmos. Wohltuend bleibt er in seiner Inszenierung dem ruhigen Grundton der Vorlage treu, legt den Fokus auf die geniale Textvorlage aus der Feder von Mizzi Meyer, überzeichnet, wo es angebracht schien, und reduziert, wo es Sinn macht. Dabei erhält er die Unterstützung durch drei talentierte Schauspieler*innen. Multitalent Denis Fischer sorgt als blutbefleckte „Lampe“ für die musikalische Untermalung, schlüpft gerne in die köstlich überdrehten Mini-Rollen, hält sich ansonsten eher dezent am Bühnenrand auf. Mateng Pollkläseners Schotty hat schon alles gesehen oder kennt jemanden, der entsprechendes schon gesehen hat. Ihm ist nichts Menschliches mehr fremd, und so begegnet er den Menschen an den Stätten seines Wirkens vorurteilsfrei und beinah pragmatisch aber nie gleichgültig. Pollkläsener porträtiert seinen Tatortreiniger abseits des bekannten TV-Egos und lässt so einen Vergleich gar nicht erst zu. Ein besonderes Highlight war für mich das „textfreie“ Zusammenspiel zwischen ihm und seiner Bühnenpartnerin Janina Zamani: sei es in der ersten Episode beim gemeinsamen Rauchen einer Zigarette, wo die Kommunikation nur über Blicke, Mimik und Gesten funktionierte, oder auch in der dritten Episode, wo Pollkläsener verzweifelt versuchte, Zeitungspapier möglichst lautlos in eine Mülltüte zu stopfen, während Zamani im Nebenzimmer auf jeden noch so leisen Ton hyper-empfindlich reagierte.
Die schauspielerisch größte Herausforderung meistert Janina Zamani an diesem Abend: Mit Mimik, Körperhaltung und Stimmfärbung porträtiert sie gekonnt drei doch sehr unterschiedliche Frauentypen. In „Ganz normale Jobs“ ist sie die patente Prostituierte, die mehr oder weniger zufällig am Ort des Geschehens auftaucht und sich charmant mit Schotty über die Ethik der jeweiligen Berufe, deren Praktiken und Risiken austauscht. Als versnobte Oberschichten-Witwe in „Nicht über mein Sofa“ lässt sie sich entrüstet über einen Einbrecher aus, der es gewagt hat, ihr antikes Chaiselongue aufzuschlitzen, „unglücklicherweise“ über die Treppe zu Tode stürzte und dabei „zufälligerweise“ mit ihrem 9er-Golfschläger in Kontakt kam. Es war die pure Comedy, als sie Slapstick-artig und in gespielter Zeitlupe selbst die Treppenstufen hinab zu Boden glitt. Ebenso überzeugend gibt Zamani in „Spuren“ die intellektuell-verkopfte Schriftstellerin, die verzweifelt nach den richtigen Wörtern ringt und auf die göttliche Eingabe hofft, um so endlich in den Olymp der Träger des Deutschen Buchpreises aufzusteigen. Doch erst der Anblick von Schottys Wurstbrot erlöst sie von ihrer hemmenden Schreibblockade.
„Der Tatortreiniger“ strotzt nur so vor grandiosen Dialogen, die nicht nur witzig sondern auch intelligent sind und hier von den Künstlern famos umgesetzt werden. Meine b.k.t.-Hitliste hat nun einen Top-Titel mehr…!
DER TATORTREINIGER wird am bremer kriminal theater auch noch weiterhin für Sauberkeit sorgen.
Hallöchen Andreas,
sehr cool. Mir ist der Tatortreiniger das erste Mal vor 2 Jahren „begegnet“. Es war eine Empfehlung und ich bin froh, dieser gefolgt zu sein. Ich habe nur eine handvoll Folgen gesehen, um ehrlich zu sein, weil ich einfach zu wenig vorm TV sitze (was auch ok ist).
Dass Schotty jetzt auf der Theaterbühne gelandet ist, gefällt mir gut.
Ich glaub dir jedenfalls, dass es ne tolle Vorstellung war.
Liebe Grüße
Tina
LikeGefällt 1 Person
Moin Tina!
Schotty ist Kult!!! Aber auch wir haben noch nicht alle Staffeln gesehen: Da gibt es somit noch einiges, auf das wir uns freuen können.
Liebe Grüße retour
Andreas
LikeLike