MONTAGSFRAGE #137: Braucht ein Buch heute mehr als das klassische Buchformat?

Ich gebe es unumwunden zu: Ich las die Frage und war versucht, sie etwas umzuformulieren, den Fokus klarer einzugrenzen. Doch ich tat es nicht, obwohl irgendetwas mich an ihr störte. Ich konnte es anfangs nicht greifen. Ich grübelte und grübelte, und dann wurde mir bewusst, was es war. Ich störte mich an dem Begriff „braucht“.

Das Objekt Buch „braucht“ erstmal gar nichts. Einem Buch ist es völlig schnuppe, ob es von einem, vielen oder keinem Menschen gelesen wird. Ein Buch ist ein Buch und bleibt ein Buch. Die Leser brauchen Bücher, aber das Buch braucht die Leser nicht. Dabei möchte ich „brauchen“ gerne als Synonym gleichsetzen mit „es dringend benötigen“ und „zum Leben existenziell“. Und ebenso wenig „braucht“ das Buch clevere Vermarktungsstrategien, nette Gimmicks oder virtuelle Welten. Und ich bezweifle, dass der Konsument es ebenfalls „braucht“, wenn wir bei der schon eben erwähnten Definition bleiben.

Natürlich ist mir bewusst, dass unsere geschätzte Hüterin der MONTAGSFRAGE das Wort „braucht“ eher im Sinne von „Ist es sinnvoll…?“ verstanden wissen will. Ja, und ist es denn nun sinnvoll, dass eine ganze Industrie damit beschäftigt ist, die Fangemeinde mit Leckerlies (Merchandising, Internetcharaktere, Videospiele etc.) zu ködern bzw. bei der Stange zu halten. Ich vermute, dass dies auch abhängig vom jeweiligen Buch-Genre ist. So erinnere ich mich noch an die Anfänge der Harry Potter-Manie, wo plötzlich die Konterfeis der Held*innen auf Rucksäcken, Schultüten, Kugelschreiber und Zahnputzbechern prangten. Es gab Harry Potter-Figuren von Lego, Playmobil und Mattel, originalgetreue Nachbildungen der Zauberstäbe und den sprechenden Hut als Christbaumkugel.

Aber: „Braucht“ es das alles wirklich? Hätten die Bücher es nicht auch ohne diesen ganzen Mumpitz geschafft, ihre Leser*innen zu erreichen? Oder ist unsere Welt in der Zwischenzeit schon so übersättigt, dass ein Buch, das sein Erscheinen ohne ein sensationelles Feuerwerk mit Fanfaren ankündigt, nicht mehr von Interesse ist? Sind wir schon so abgestumpft, dass nur das große Spektakel unsere Konzentration auf ein literarisches Werk lenken kann? Benötigen wir das spektakuläre Event, damit das Zentrum unserer Aufmerksamkeit weiterhin beim Buch liegt? Messen wir die Qualität eines Buches an dem Umfang des „Drumherums“? Ich hoffe nicht!!!

Doch ich gestehe auch gerne ein: Für eine allumfassende Antwort zu dieser Frage bin ich vielleicht nicht der richtige Ansprechpartner, da ich mich gerne und sehr bewusst den div. Zielgruppen verschließe. Denn mir persönlich ist es völlig schnuppe, ob neben dem eigentlichen Buch (sozusagen der Ursprungs-Quelle) noch ein ganzes Universum geschaffen wird. Ich benötige diese ganzen „Extras“ weder zu meinem Glück noch für mein Seelenheil und schon gar nicht, um Freude an der Literatur zu empfinden.

Dafür „brauche“ ich nur das klassische Buchformat!

…muss es heutzutage unbedingt „ein bisschen Mehr“ sein oder genügt auch nur das klassische Buch???


Antonia Leise von „Lauter & Leise“ hat dankenswerterweise DIE MONTAGSFRAGE: Buch-Blogger Vorstellungsrunde wiederbelebt und stellt an jedem Montag eine Frage, die Interessierte beantworten können und zum Vernetzen, Austauschen und Herumstöbern anregen soll! Ich bin gerne dabei!!!

In meinem MONTAGSFRAGE-Archiv findet Ihr Fragen & Antworten der vergangenen Wochen.

4 Kommentare zu „MONTAGSFRAGE #137: Braucht ein Buch heute mehr als das klassische Buchformat?

  1. Hey Andreas,

    heute ist Harry Potter so oft erwähnt worden, dass ich hier einfach mal einwerfen möchte, dass die ganze Marketingmaschinerie erst richtig in Gang kam, als die Filme produziert wurden. Vorher gab es keine Zauberstab-Nachbildungen (die man noch heute kaufen kann, für richtig teuer Geld) und ähnlichen Krimskrams. Aber das nur am Rande.

    Ich brauche den ganzen Kitsch um eine Neuveröffentlichung herum nicht und ich finde, dass viele Verlage mittlerweile total übertreiben, weil all diese Werbemaßnahmen in den meisten Fällen sehr kurzlebig sind und somit keinen dauerhaften Mehrwert bieten. Was mache ich mit einem Lesezeichen, das ein Buch bewirbt, sobald ich das betreffende Buch ausgelesen habe? Es passt ja zu keinem anderen Buch. Wie lange sind Websites zu Neuerscheinungen online? Ein Jahr? Weniger? Was bringt es mir dann, dass ich für kurze Zeit Persönlichkeitstests und ähnliches durchspielen kann? Nein, ich bin da raus, mir reicht die Geschichte völlig. 🙂

    Montagsfrage auf dem wortmagieblog
    Liebe Grüße,
    Elli

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    1. Moin Elli!

      Harry Potter war auch nur als ein Beispiel gemeint, wie die Vermarktungsmaschinerie so läuft.
      Ansonsten bin ich ganz bei Dir: Wenn ich mich hin und wieder in eine Filiale einer großen Buchhandlungskette verirre und über den ganzen Tüdelüt stolpere, frage ich mich manchmal, ob ich mich wirklich noch in einem Buchladen befinde.

      Gruß
      Andreas

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