[Rezension] Alex Lépic – Lacroix und die Toten vom Pont Neuf

Zu seinen Markenzeichen zählen der Hut, der Mantel und die qualmende Pfeife im Mundwinkel. Von Vorgesetzen und Kollegen gleichermaßen geschätzt wie von der Unterwelt gefürchtet sind die Straßen von Paris sein Revier. Nein, ich spreche hier nicht vom weltberühmten Kommissar Maigret, an dessen Kriminalfällen sein Schöpfer Georges Simenon seine Leserschaft in 75 Romane und 28 Erzählungen ab den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts teilnehmen ließ. Vielmehr befinden wir uns im hier und jetzt, in der Gegenwart, im heutigen Paris…

Kaum zurück aus dem Urlaub, erreicht Lacroix ein Anruf: Unter dem Pont Neuf wurde ein toter Clochard gefunden. Obwohl der Kommissar und seine Kollegen die folgenden Nächte am Ufer der Seine verbringen, können sie nicht verhindern, dass zwei weitere Männer ermordet werden. Drei Tote in drei Nächten, allen wurde brutal die Kehle durchgeschnitten. Keine Zeugen, keine Angehörigen, die Clochards sind die Vergessenen der Stadt. Ein gefundenes Fressen für die Presse, die überzeugt ist, dass ein Serienmörder sein Unwesen treibt. Vor dreißig Jahren gab es einen vergleichbaren Fall, und der Täter wurde nie gefasst. Hat er nun erneut zugeschlagen? Oder steckt ein schwerkriminelles Brüderpaar dahinter, das von den Obdachlosen Schutzgeld erpresst? Wer, wenn nicht Commissaire Lacroix, mit seiner Intuition und seiner Menschenkenntnis, könnte alle drei Fälle gleichzeitig lösen?

(Inhaltsangabe der Homepage des Verlages bzw. dem Klappentext des Romans entnommen!)

Bei Entstehung dieses Romans im Jahre 2019 lag die wahre Identität des Autors noch im Verborgenen und wurde vom Verlag wie einen Schatz gehütet. Die Fachpresse spekulierte wild und verglich den Schreibstil mit den div. Kriminalautor*innen. Kein Wunder, dass bei diesem großen Interesse um die wahre Identität, dieses Geheimnis nicht lange geheim bleiben konnte. Kurz nachdem im Oktober 2020 mit Lacroix und die stille Nacht von Montmartre der 3. Teil dieser Kriminalroman-Serie erschienen war, wurde das Geheimnis gelüftet. Hinter dem Pseudonym „Alex Lépic“ verbarg sich Journalist und Autor Alexander Oetker.

Warum sich Verlag und Autor für diese Geheimniskrämerei entschieden, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich habe es für mich als witzigen Werbe-Gag verbucht, mit dem eine neue Kriminalroman-Reihe in den Fokus des Interesses gerückt werden sollte. Und? Hält das Produkt auch das, was die Werbung verspricht? Ich würde urteilen: durchaus!

Schon ab dem ersten Satz schupst uns Autor Alex Lépic (Der Name steht so auf dem Cover, also bleibe ich dabei.) in die Welt von Commissaire Lacroix mit den typischen Pariser Straßen und Parks, den Sehenswürdigkeiten, den Bistros und Cafés. Und da ist es gleich zu spüren, dieses Savoir-vivre, das jede*r mit Paris verbindet, vielleicht gar nicht vorhanden ist und nur dazu dient, uns unwissenden Touristen anzulocken. Egal, denn ich wünsche/erhoffe/erträume mir dieses Flair, da es für mich einfach zu Paris gehört, und ein Roman, der in Paris spielt, hat es zu haben: Basta!

So mixt Lépic aus unseren Erwartungen, einem Quäntchen von der Kriminalliteratur à la Maigret und einer Prise modernem Zeitgeist einen locker-leichten Unterhaltungsroman, der flüssig zu lesen ist, mit einer angenehmen Spannung punktet und interessante Charaktere präsentiert. Zudem überrascht dieser Krimi, der als klassischer Whodunit konzipiert wurde, mit einigen unvorhergesehenen Wendungen.

Und während er Lacroix durch die Straßen von Paris spazieren lässt, huldigt der Autor mit diesen Rundgängen die Stadt und die Menschen, die dort leben. So animiert er auch uns, dieses besondere Lebensgefühl in den eigenen Alltag zu integrieren. Denn die angenehmen Seiten des Lebens können daheim im kleinen Städtchen Osterholz-Scharmbeck ebenso genossen werden wie in der Weltmetropole Paris.

„Savoir-vivre“


erschienen bei Kampa / ISBN: 978-3311125006

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