[Noch ein Gedicht…] Gustav Falke – DIE FALTE

Heute sah ich den Haß,
Den herrlichen nackten Haß.
So dacht ich mir
Die trotzige Schönheit gefallener Engel:
Wildheit ganz
Und knirschender Stolz.

»Wie schön du bist«,
Betete ich an.
»Millionen
Preisen mich«, lächelte er,
»Mein ist das Reich.«

Und ich sah auf und sah
Zwischen den Nachtbrauen
Die Schmerzfalte,
Senkrecht,
Tief eingefurcht.

»Warum diese Falte?«
Abgewandt schwieg er.
Warum diese Falte?«
Leise,
Verquält klang es zurück:
»Weil ich nicht lieben darf.«

Gustav Falke

[Noch ein Gedicht…] Gustav Falke – SOMMER

Ihr singt von schönen Frühlingstagen,
Von Blütenduft und Sonnenschein,
Ich will nichts nach dem Frühling fragen,
Nein Sommer, Sommer muss es sein.

Wo alles drängt und sich bereitet
Auf einen goldnen Erntetag,
Wo jede Frucht sich schwellt und weitet
Und schenkt, was Süßes in ihr lag.

Auch ich bin eine herbe, harte,
Bin eine Frucht, die langsam reift.
O Glut des Sommers, komm! Ich warte,
Dass mich dein heißer Atem streift.

Gustav Falke