„Stell dich bei Dämmerung vor ein großes Wohnhaus und warte, bis alle Fenster erleuchtet sind.“
Das schlägt mein Adventskalender vor. Jeden Tag gibt er mir eine Aufgabe, eine seltsamer als die andere, aber alle drehen sich ums Warten. Im normalen Leben bin ich eine schlechte Warterin. Ungeduldig. Schnell genervt. Aber das hier, das spricht mich an. Weil es absurd klingt.
Ich versuche es. Stelle mich an eine mittelstarkbefahrene Straße. Es ist dunkel, es ist kalt, es nieselt. Ich lasse die Autos an mir vorbeirauschen. Richte mein Blick auf die Fenster eines Hauses und warte.
Meine Einkaufsliste kommt mir in den Sinn.
Den Regen rieche ich.
Nichts geschieht.
Was tue ich hier?
Trotzdem bleibe ich. Halte die Leere aus.
Gedanken finden mich: Warum ist es so störend, wenn mein Tagesablauf durchkreuzt wird? Wenn ich nichts Sinnvolles tun kann? Wenn ein Loch sich auftut, ein leerer Moment?
Vielleicht würde sich ja die Sehnsucht Raum nehmen. Mich ausbremsen. Eine Lücke finden, klein genug für ein paar Himmelsträume. Und die Vernunft wischte sie nicht weg.
Und plötzlich, während ich da in der Kälte stehe, weiß ich, dass ich auf ganz Anderes, Größeres warte.
Susanne Niemeyer
Wie wahr!
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