👧 Heute ist WELTKINDERTAG!👦
Sie sind klein, handlich und erzählen ihre Geschichten auf 24 Seiten zu 10 x 10 cm im Quadrat. Es gibt sie seit 1954, und im Laufe der Jahre haben sie sich zu den beliebtesten deutschsprachigen Vorlesebüchern entwickelt. Teilweise sind sie Kleinausgaben von ursprünglich größeren, die meisten von ihnen wurden aber von vornherein für das kleinere Format geschrieben und illustriert. In der Zwischenzeit haben sich frühere Ausgaben zu begehrten Sammelobjekten gemausert. Ich spreche natürlich von den Pixi-Büchern, die in diesem Jahr ihr 70. Jubiläum feiern.
Doch was macht die Erfolgsgeschichte dieser kleinen Hosentaschen-Bilderbücher aus? Einerseits mit Sicherheit der günstige Preis von -,99 Cent, andererseits die Auswahl der Themen, die oftmals Situationen aus dem Leben von Kindern widerspiegeln und ihnen helfen soll, richtige Entscheidungen zu treffen. Auch waren und sind sich renommierte Autor*innen und Illustrator*innen nie zu schade gewesen, eine Geschichte im Pixi-Format beizusteuern. Waren dies in der Vergangenheit schon namhafte Schreiberlinge wie Cornelia Funke, Fatih Akin oder Peter Härtling, so haben Paul Maar, Marc-Uwe Kling, Axel Scheffler oder auch Saša Stanišić es sich nicht nehmen lassen, Pixi zum 70. Geburtstag zu gratulieren.
Saša Stanišić hat gemeinsam mit Illustratorin Regina Kehn eine ganz zauberhafte kleine Geschichte über Freundschaft geschaffen, bei der auch durchaus ernste, doch sehr hoffnungsvolle Untertöne mitschwingen.
Ava spielt mit ihren drei Freunden Ari, Anouk und Hilei: Ari kann auf einem Bein stehen, Anouk kann auf einem Bein stehen, nur Ava kann nicht auf einem Bein stehen – zumindest nicht lange genug, so dass es zählt. Das wurmt Ava. Sie schnappt sich Hilei und geht mit ihr nach Hause. Hilei ist nämlich in Wirklichkeit ein als Ente getarnter Drache und Avas engste Vertraute. Gemeinsam mit ihr und Papa hat Ava auf der Flucht schon eine Wüste durchquert. Ava und Hilei überlegen, dass es so vieles gibt, das wichtiger ist, als auf einem Bein stehen zu können, z.Bsp. Tomaten schneiden. Und sie kommen zu einer wichtigen Erkenntnis: Nicht jeder muss alles können!
Abermals ist Saša Stanišić eine warmherzige Geschichte gelungen, bei deren Entstehung seine eigene Vergangenheit Einfluss nahm. Dabei wirkt seine Erzählung oberflächlich betrachtet eher unspektakulär. Erst beim wiederholten Lesen brachten einige Zeilen mein Herz zum Schwingen und verströmten ihren poetischen Charme. So bildet der Text von Stanišić den Überbau bzw. das Grundgerüst der Geschichte, während die wunderbaren Illustrationen von Regina Kehn mir den Sub-Text zu den Personen lieferten. Gänzlich unaufgeregt, beinah nebenbei erfuhr ich noch so viel mehr von unserer kleinen Heldin, ihrer Familie und ihren Freunden. So entdeckte ich über dem Bett von Asa ein Foto von ihr und ihrer Mutter. Da schaute Avas Papa erschrocken auf die blutroten Flecke an der Wand, die Ava beim Tomatenschneiden hinterlässt. Und natürlich konnte Ari ganz toll auf einem Bein stehen: Er ist ja schließlich darin trainiert, da er als Flüchtlingskind (wahrscheinlich) aus einem Kriegsgebiet auch nur noch ein Bein hat. Solche und weitere Details boten mir Raum für Interpretationen und überzogen die fiktiven Figuren mit einem realistischen Schimmer.
Ich staune über die Kunst von Saša Stanišić und Regina Kehn, die es schafften, mit wenigen Worten und ein paar Bildern ein ganzes Leben auf nur 24 kleinen Seiten zu zaubern.
