[Rezension] Agatha Christie – EIN MORD WIRD ANGEKÜNDIGT

Es war an einem dieser Tage, an dem es mal wieder nichts im Fernsehen gab – zumindest nichts, das mich hätte interessieren können. Und so warf ich einen Blick in unsere gut gefüllte private Mediothek und pickte mir die TV-Verfilmung zu Agatha Christies EIN MORD WIRD ANGEKÜNDIGT heraus, eine dieser gelungenen Fernsehadaptionen mit Geraldine McEwan als Miss Marple sowie Zoë Wanamaker und Elaine Paige in weiteren Rollen. Wie sehr gelungen diese Adaption war, das sollte ich bei meinem erstmaligen Lesen des Original-Romans feststellen. Denn genau dazu hatte mich dieser gemütliche Fernsehabend verleitet…!

„Am Freitag, den 29. Oktober, wird in Little Paddocks um 18.30 Uhr ein Mord stattfinden. Freunde werden gebeten, diesen Hinweis als Einladung aufzufassen.“ So steht es in einer Anzeige im Lokalblatt des Städtchens Chipping Cleghorn. Die Bewohner sind irritiert, aber auch neugierig. In Scharen strömen sie zum Gutshaus. Während ihnen Sherry gereicht wird, geht plötzlich das Licht aus, und ein Schuss fällt. Als das Licht wieder angeht, offenbart sich ein grausames Bild.

 (Inhaltsangabe der Homepage des Verlages entnommen!)

Vieles wurde Agatha Christie schon vorgeworfen: Ihre Werke wären für heutige Zeiten (!) zu bieder, zu langatmig und unglaubwürdig sowie die Figuren zu elitär und die Plots an den Haaren herbeigezogen. Dabei vergessen die Unken unter den Leser*innen, dass manche ihrer Werke vor mehr als hundert Jahren entstanden sind.

(Ironie an) Aber als verantwortungsvolle und in die Zukunft schauende Autorin hätte sie da schon ihre Werke „für heutige Zeiten“ schreiben können, nicht wahr? Doch wann genau wären sie gewesen, diese „heutigen Zeiten“? (Ironie aus)

Okay, ich schweife ab! Was ich vielmehr ausdrücken möchte, ist folgendes: Agatha Christie war ein Kind „ihrer Zeit“, und somit hat sie damals durchaus „für heutige Zeiten“ geschrieben. Wer auch immer dies nicht versteht, der würde sicherlich auch kritisieren, dass William Shakespeares Verse „für heutige Zeiten“ zu schwülstig seien.

Was man Agatha Christie definitiv nicht vorwerfen kann, ist, dass sie es nicht verstanden hätte, unterhaltsame Geschichten zu schreiben, die auch noch „für heutige Zeiten“ mit unvorhersehbaren Twists überraschen – wie auch bei EIN MORD WIRD ANGEKÜNDIGT. Hier geizte sie zudem nicht mit einer Vielzahl an Verwicklungen und prägnanten Figuren, zwischen denen Miss Marple dezent aber nachdrücklich agierte. Beinah schien es, als wäre es dieser kleinen Lady unangenehm, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Umso mehr bewunderte ich sie abermals für ihre stoische Ruhe, ihrem unaufgeregten Auftreten und ihrem wachen, unverstellten Verstand.

Zudem mochte ich das Setting, das Christie erschuf, sehr: Alles wirkte so friedlich, ländlich harmonisch, beinah bieder – und plötzlich passierten diese schändlichen Morde (Ja, es sind mehrere!), und das Bild der perfekten Idylle bekam nicht nur ein paar Kratzer: Es wurde vielmehr gänzlich zerstört. Nichts war danach, wie es zuvor schien.

Apropos Fernsehadaption: Ich wusste durchaus bereits, dass Christie eine wahre Meisterin im Kreieren von Dialogen war, und doch staunte ich, als ich den Roman las und feststellte, dass genau diese Dialoge beinah Eins-zu-eins dem Roman entnommen wurden, ihren Weg ins Drehbuch und somit in die Verfilmung fanden. Großartig!

Allen Unkenrufern zum Trotz: Für mich war, ist und bleibt Agatha Christie ein Garant für gute Krimi-Unterhaltung!


erschienen bei Atlantik / ISBN: 978-3455650242 / in der Übersetzung von Sylvia Spatz
ebenfalls erschienen als Hörbuch bei Der Hörverlag / ISBN: 978-3844534665

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