Die Frühlingssonne lachte als wir uns an diesem Sonntagnachmittag auf Initiative von Ute und Sabine Gartmann von der Buchhandlung „die schatulle“ an der Kunsthalle in Bremen trafen: Die Gartmann-Schwestern hatten diesen Ausstellungsbesuch für ihre interessierte Kunden organisiert. Herzlichen Dank!
Die Bremer Stadtmusikanten gehören zu den beliebstesten Märchenfiguren. Nachdem das Märchen lange Zeit nur mündlich überliefert wurde, fand es 1819 erstmals Aufnahme in die Sammlung „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm. Die Bremer selbst entdeckten erst 80 Jahre später das (Werbe-)Potenzial der vier Musikanten als Wahrzeichen ihrer Stadt.
Die Ausstellung beginnt mit dem Ursprung des Märchens und der Entwicklung des bekannten Bildmotivs der aufeinander stehenden Tiere. Gerade die unterschiedliche Bildsprache der Epochen konnten wir anhand der Illustrationen der ausgestellten Märchenbücher bewundern: So hatte eine Zeichnung aus den 20er Jahren eine völlig andere Ästhetik als die Grafik aus den 60er Jahren – und sind somit auch ein Ausdruck des jeweiligen Zeitgeschmacks.
Informativ waren auch die Exponate rund um die Entstehungsgeschichte der berühmten Bronzeplastik von Gerhard Marcks. So konnten wir die Korrespondenz zwischen dem Künstler und dem Bremer Senat ebenso bewundern wie die ersten Skizzen des Künstlers und Fotos vom Herstellungsprozess. Bei der Plastik von Marcks türmen sich die Tiere ähnlich einer Pyramide aufeinander und bilden so eine harmonische Einheit. Trotz dieser Stringenz haben die einzelnen Viecher durchaus Individualität – sei es der vorgestreckte Hals des Hahns oder die angewinkelte Pfote der Katze.

Neben Marcks wurden auch andere Künstler von den Bremer Stadtmusikanten inspiriert: Der südkorenische Künstler Gimhongsok türmt überlebensgroße Plüschfiguren aufeinander und vermittelt den Eindruck, dass die untere Figur vom Gewicht der oberen Figuren erdrückt wird. Im Gemälde von Karl Horst Hödicke stehen die Tier zwar gewohnt übereinander, bilden aber keine Einheit, da ihre Blicke alle in unterschiedliche Richtungen weisen. In der Skulptur von Jeff Koons werden gleich fünf Tiere übereinander geschichtet und verbindet hochwertige Materialien mit Handwerkskunst zu einer idealisierten Darstellung der Tiere.
Auch der Kitsch findet seinen Platz in dieser Ausstellung: So taucht das Motiv der Stadtmusikanten auf verschiedenen Alltagsgegenständen (Kinderbesteck) und Souvenir-Artikeln (Schlüsselanhänger, Aufkleber, Becher) auf und fand ebenso Einzug in anderen Kulturen (Perlenpuppen aus Namibia, Trickfilm aus Russland).
Der gesellschaftliche Einfluss „der glorreichen Vier“ wurde somit für mich als Besucher dieser interessanten Ausstellung durchaus nachvollziehbar. Am Ausgang der Ausstellung hatten wir zudem Gelegenheit, „Tierische Grüße“ in die Welt zu senden: Auf vorbereiteten Postkarten konnten wir unseren Lieben einen Gruß schicken. Schöne Idee!
Ein Tierischer Aufstand kann noch bis zum 1. September 2019 in der Kunsthalle in Bremen geprobt werden.