[Rezension] Nicholas Blake – MORD AUF DER KREUZFAHRT

Wie schon bei DAS GEHEIMNIS DER SILVESTERNACHT angekündigt, geht das Roulett bzgl. der Chronologie der Nigel Strangeways-Krimis fröhlich weiter. Waren wir beim eben erwähnten Krimi schon im Jahr 1964 angekommen, hüpfen wir mit der aktuellen Wiederveröffentlichung aus dem Klett-Cotta Verlag wieder um einige Jahre zurück. Sollte/könnte/müsste ich mich über diese nicht nachvollziehbare Veröffentlichungspraxis des Verlages aufregen? Ach, nö!

Vielmehr freue ich mich über jeden klassischen Kriminalroman, der mit einer Wiederveröffentlichung die Chance erhält, eine neue Generation von Leser*innen zu begeistern. Zumal es mir bisher immer Vergnügen bereitete, Nigel Strangeways auf seinen Missionen zu begleiten.

„Haben Sie jemals versucht, eine erwachsene Frau über die Reling eines Schiffes zu werfen?“ Die renommierte Bildhauerin Clare Massinger hat eine kreative Flaute. Um sie zu inspirieren, bucht ihr Partner, der Meisterdetektiv Nigel Strangeways, eine Kreuzfahrt in der Ägäis. Mit seinen griechischen Tempeln und Sandstränden soll dieser malerische Trip der perfekte Kurzurlaub werden. Doch schon, als sie auf die anderen Passagiere treffen, ahnen Nigel und Clare, dass diese Kreuzfahrt böse Überraschungen bereithalten wird. An Bord der Menelaos, einem Kreuzfahrtschiff in der Ägäis, scheint es, als wüsste jeder über die Angelegenheiten der anderen Bescheid: Eine Lehrerin, die sich von einem Nervenzusammenbruch erholt, wird von einer ehemaligen Schülerin zur Rede gestellt. Ein Intellektueller wird von eben dieser Lehrerin in Verlegenheit gebracht. Eine Verführerin bringt die männlichen Gäste ein ums andere Mal in Verlegenheit. Und zu allem Überfluss überwachen zwei Wichtigtuer jeden Passagier des Schiffes auf Schritt und Tritt. Als sich die Leben der Urlauber immer mehr verflechten, scheint Gefahr in der Luft zu liegen. Und dann geschieht tatsächlich ein Mord – und dann noch einer. Plötzlich ist jeder verdächtig. Nigels Urlaub währt also nicht allzu lange, und er muss die Wahrheit aufdecken, bevor ein weiterer Passagier aus dem Leben gerissen wird.

(Inhaltsangabe der Homepage des Verlages entnommen!)

Auch diesmal kredenzte uns Nicholas Blake einen flotten, flüssig zu lesenden Kriminalroman, der in bester „Whodunit“-Manier eine üppige Zahl an Verdächtigen innerhalb einer wendungsvollen Handlung präsentierte. Er griff dabei zu einem oft erprobten und allzeit beliebten Kniff seiner Zunft und ließ sein Handlungspersonal innerhalb eines in sich abgeschlossenen Schauplatzes (Schiff bzw. Insel) agieren. Wobei Blake eine stimmungsvolle wie ansprechende Atmosphäre kreierte, die wie eine Symbiose aus „Das Traumschiff“ und „Tod auf dem Nil“ wirkte: Unterhaltung gepaart mit Spannung.

Am Ende überrumpelte er mich doch tatsächlich mit einer Wendung, die ich durchaus hätte erahnen können, die mich allerdings so unvorbereitet dann doch überraschte.

Doch bis das verdiente Happy End eingeläutet werden konnte, hatte unser Held eine äußerst harte Nuss zu knacken: So musste er diesmal gleich zwei Morde aufklären. Oder waren es vielleicht doch nur ein Mord und ein Selbstmord, ein Unfall und ein Selbstmord oder doch ein Mord und ein Unfall…? Ja, da rauchte unserem Meisterdetektiv so manches Mal der Schädel. Zumal die Aussagen der Zeug*innen nicht immer glaubhaft, und die verdächtigen Personen nur allzu sehr darauf bedacht waren, ihre schmutzigen Geheimnisse für sich zu behalten. Doch auch mir rauchte der Kopf beim Mit-Rätseln. So flog ich nur so über die Seiten, begierig zu erfahren, wer der/die Täter*in ist, und wie er/sie „es“ gemacht hat.

Warum der Autor trotzdem der Meinung war, er müsste die Aufmerksamkeit der Leserschaft mit unheilschwangeren Vorahnungen wie „Hätte er da schon gewusst, dass…!“ oder „Sie konnte ja nicht absehen, was später…!“ ködern, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Zumal dieser fragliche „Kunstgriff“ mir absolut überflüssig und somit entbehrlich erschien. Doch dies ist in der Gesamtheit des positiven Eindrucks nur eine Kleinigkeit und somit eher zu vernachlässigen.

So hoffe ich sehr auf weitere Krimi-Wiederentdeckungen aus dem Klett-Cotta Verlag: Zumal unser gewitzter Privatdetektiv Nigel Strangeways noch von zwölf weiteren spannenden Kriminalfällen berichten könnte…!


erschienen bei Klett-Cotta / ISBN: 978-3608986969 / in der Übersetzung von Michael von Killisch-Horn

Ich danke dem Verlag herzlich für das zur Verfügung gestellte Leseexemplar!