Ich schlenderte durch meine Stamm-Buchhandlung, nahm mal hier ein Buch aus dem Regal, las mal dort einen Klappentext und stand irgendwann vor dem Tisch mit den Neuerscheinungen. Mein Blick schweifte über die dort präsentierten Bücher und blieb plötzlich bei einem Titel hängen: Der Akazienkavalier.
Für mich klang der Titel nach einer kitschigen Liebes-Schmonzette. Vor meinem geistigen Auge sah ich ein adliges Fräulein (natürlich mit mind. 2 „Tie-äitsch“ im Namen) beim morgendlichen Ausritt vom Ross stürzen, sich von dem wie zufällig in der Nähe befindlichen Gärtner, der selbstverständlich der einzige aber uneheliche Sohn des Grafen von „Was-auch-immer“ ist, aus dem Matsch helfen, der sie natürlich auf seinen starken Armen tragend ins Schloss geleitet.
Das Foto der Autorin, das ich auf dem Umschlag entdeckte, entsprach allerdings nicht meiner Vorstellung von einer Verfasserin von Groschenromanen: kein „Barbara-Cartland-look-alike“ war auf dem Foto zu sehen, sondern eine Frau mit einem intelligenten Gesicht, lächelnd mit Fältchen um die Augen.
Von Menschen und Gärten“ lautete der Untertitel. Ich lächelte! Hatte ich doch selbst vor wenigen Stunden noch auf Knien in den Rabatten gehockt, über das störrische Unkraut geschimpft aber dabei dem frischen Grün und den ersten Knospen kaum Beachtung geschenkt.
Ulla Lachauer hat 18 Kurzgeschichten in ihrem Buch vereint. Lange und weniger lange Geschichten über Menschen und ihre Liebe zu Gärten, ihre Abhängigkeit zu Gärten, Gärten als Spiegelbild der Seele, ihre Gärten im Wandel der Zeit und ihre Erinnerung an längst vergangene Gärten. Wobei der Begriff „Garten“ großzügig verwendet wird: der alles überwuchernde „Ficus benjamini“ in der Küche der Familie Lachauer findet hier ebenso seinen Platz wie die Kakteen-Wüste auf der Fensterbank eines bekannten Schauspielers.
Vielmehr geht es Frau Lachauer um die Symbiose des Menschen zur Natur: wir nehmen sie als selbstverständlich hin, sie ist einfach da und beschenkt uns Tag für Tag mit Farben und Düfte. Erst, wenn sie verloren scheint, sehnen wir uns nach ihrem Schutz und Trost. Und dieses Sehnen hat Frau Lachauer in ihren Geschichten sensibel, manchmal melancholisch aufgezeichnet.
Beim Lesen schweiften meine Gedanken hin und wieder ab, und ich dachte an den Garten meiner Kindheit: kaum 4-jährig saß ich auf der kleinen Mauer des Frühbeetes und beobachtete meinen Opa beim Kartoffelpflanzen. In mehreren Reihen warteten kleine Mulden in der dunklen Erde, die vorgekeimten Knollen aufzunehmen. Und während mein Opa Mulde für Mulde füllte und schloss, schlich ich mich mit einer Kartoffel in der Hand zur letzten Mulde in der Reihe, legte sie dort heimlich ab und freute mich königlich, wenn Opa scheinbar überrascht über dieses „Wunder“ staunte.
Zukünftig werde ich meinem Unkraut mit Gelassenheit begegnen und lieber häufiger meine Nase in die Lavendelblüten tauchen, zwischen meinen Fingern die Blätter der Minze zerreiben und mich über die Farben der Clematisblüte freuen.