[Rezension] John Bude – Mord an der Riviera

Strahlender Sonnenschein, klarer Himmel, weißer Strand am blauen Ozean – dumm nur, dass selbst vor der Postkartenidylle der französischen Riviera das Verbrechen nicht Halt macht und sich keine Pause gönnt. Detectiv-Inspector Meredith und sein junger Kollege Acting-Sergeant Freddy Strange sind im Auftrag des Scotland Yards vor Ort, um mit Unterstützung der hiesigen Gendarmerie eine Bande von Geldfälschern aufzuspüren, die unter der Ägide des talentierte englischen Graveurs Chalky Cobbett die Côte d’Azur mit Blüten überschwemmt. Dreh- und Angelpunkt scheint die Villa Paloma der reichen wie resoluten Witwe Nesta Hedderwick zu sein, die hier mit ihrer Nichte Dilys und einer Schar mysteriöser, wenn nicht sogar verdächtiger Gäste residiert. Während Meredith versucht, eine mögliche Beteiligung der Villa-Bewohner am Geldfälscherring nachzuweisen, erliegt Freddy Strange zunehmend dem Charme der reizenden Dily. Nach etlichen Fehlschlägen kommen die beiden Spürnasen den gesuchten Kriminellen endlich auf die Spur. Beinah scheint es so, als könnten sie ihren Auftrag erfolgreich beenden, bis sich plötzlich ein Mord ereignet, der alles nur noch verzwickter macht…!

1952, nur wenige Jahre nach dem 2. Weltkrieg, dürsteten die Leser nach Spannung vor exotischer Kulisse, um so dem eigenen grauen Alltag zu entfliehen. John Bude, damals auf dem Höhepunkt seiner Karriere, gab ihnen genau dieses. So spielt die französische Riviera eine nicht unbedeutende Rolle in diesem unterhaltsamen Krimi. Bei etlichen Orts-Beschreibungen fühlte ich mich zwangsläufig an den Film-Klassiker „Über den Dächern von Nizza“ erinnert, da der Autor detailliert die Atmosphäre dieses Landstriches vor den Augen seiner Leserschaft aufleben lässt.

Wie schon in Mord in Sussex ist auch hier Detectiv-Inspector Meredith den Ideen der Jugend durchaus zugeneigt und überlässt seinem Sergeant gerne die Bühne – allerdings nicht ohne einen wachsam-schützenden Blick auf ihn zu werfen. Könnte ihre Beziehung zueinander durchaus als kollegial bezeichnet werden, so bleibt Bude in der Zeichnung der Figuren der damals gängigen Tradition treu, indem Meredith für Strange als der erfahrenere Kollege nichtsdestotrotz auch sein Vorgesetzter ist. Die Dialoge zwischen unseren beiden Helden sind äußerst kurzweilig zu lesen und amüsierten mich durch ihre heiter-ironischen Neckereien. Aber auch das Verhältnis zur hiesigen Polizei wird als äußerst kollegial beschrieben: Meredith und Strange sind eben nicht die Super-Bullen, die sich überall als „einsame Wölfe“ allein durchschlagen. Vielmehr wird hier ein äußerst respektvoller Umgangston gepflegt sowie partnerschaftlich ermittelt.

Aber auch das übrige, durchaus üppige Personal wird klar gezeichnet und raffiniert mit der Handlung verwoben: Da kennt jemand jemanden, der jemanden kennt, der zufällig jemanden kennengerlernt hat, der wiederum mit jemanden bekannt ist. Bude beherrscht dabei bravourös die Kunst, die einzelnen Handlungsfäden erst zu verwirren, um sie dann geschickt wieder zu entknoten. Dabei behält er stets sein Ziel im Fokus: Nach ca. 200 Seiten fragte ich mich, wann im Roman der titelgebende Mord passiert. Zu diesem Zeitpunkt war die Handlung nämlich schon soweit fortgeschritten, dass Meredith und Strange sich bzgl. Überführung der Geldfälscher schon auf der Zielgerade befanden. Und so hegte ich den leisen Verdacht, dass besagter Mord womöglich als Anhängsel verreckt bzw. als Seitenfüller fungiert.

Doch weit gefehlt: John Bude war ein Kriminal-Autor alter Schule, der – wie auch div. seiner Kolleg*innen aus der goldenen Ära des britischen Krimis – sein Handwerk aus dem Effeff verstand und sich so von seinen Leser*innen mit einem überraschenden Twist verabschiedete.


erschienen bei Klett-Cotta/ ISBN: 978-3608980837

Ich danke dem Verlag herzlich für das zur Verfügung gestellte Leseexemplar!

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