[Rezension] Fulvio Tomizza – Die Flöhe in der Oper/ mit Illustrationen von Axel Scheffler

Mit dem Besuch einer Oper in meinem Stamm-Theater war am vergangenen Sonntag die Abo-Saison 2022/2023 für mich beendet. Nur wenige Vorstellungen stehen noch auf dem Spielplan, bei vielen Inszenierungen taucht der Hinweis „zum letzten Mal“ auf, und bei mir macht sich ein wenig der Trennungsschmerz bemerkbar. Natürlich leide ich da auf sehr hohem Niveau: Schließlich startet mein Stamm-Theater im September mit der Oper „Tosca“ von Giacomo Puccini fulminant in die neue Spielzeit, und ich wünsche ihm bzw. jedem Theater viele, viele ausverkaufte Vorstellungen. In der noch aktuellen Spielzeit blieben leider so manche Plätze leer (An der Qualität der Inszenierungen kann es nicht gelegen haben, wie ich mich persönlich überzeugen durfte.).

Natürlich stellte ich mir die Frage, woran es liegen könnte. Stirbt da etwa so langsam eine Publikumsgeneration weg, wobei die nächste Generation noch nicht nachgewachsen ist? Scheuen die jungen Menschen den Besuch eines Theaters, weil sie der irrigen Meinung sind, dass die Oper eine veraltete Kunstform ist? Oder gibt es da Berührungs- bzw. Schwellenängste aus Unsicherheit, sich im holden Musentempel evt. daneben zu benehmen? Je früher der Nachwuchs an das Theater herangeführt wird, umso besser: Eine Berührungs- bzw. Schwellenangst entsteht dann erst gar nicht. Zudem gibt es da einige ganz wunderbare Kinder- und Jugendbücher, die dabei unterstützen können, Unsicherheiten zu vermeiden.

Im Hotel „Zur Oper“ lebt der Familien-Clan der Floh-Familie von Hupf auf dem Dachboden. Unter der Führung des weisen Familienoberhaupts Opa Hinkefuß lässt es sich die gesamte Sippe nicht nehmen, Abend für Abend die Vorstellungen im großen Opernhaus zu besuchen, das direkt gegenüber dem Hotel liegt. Opa Hinkefuß hat seinen Clan instruiert: In der Oper wird kein Quatsch gemacht, und die Zuschauer nicht angesprungen. Es wird nur geschaut, gegessen wird woanders! So werden die Vorstellungen von den Flöhen mit fachkundigem Blick beäugt. Besonders das kleine Flohmädchen Saltellina ist von der bunten Bühnenwelt so fasziniert, dass sie so nah wie möglich am Geschehen sein muss, am liebsten direkt auf dem Souffleurkasten. Ihre Cousins und Cousinen wollen da natürlich nicht zurückstehen und wagen sich noch weiter auf die Bühne. Einige springen sogar der Primmadonna direkt ins Dekolleté, und als der Tenor die Phrase schmettert „Einen Floh hat man mir ins Ohr gesetzt.“, kratzt er sich vehement genau am besungenen Körperteil. Die Sänger*innen können einfach nicht anders, müssen sich dauernd kratzen und lösen damit beim Publikum einen wahren Gelächter-Orkan aus. Opa Hinkefuß ist darüber „not amused“…!

Fulvio Tomizza hat mit „Die Flöhe in der Oper“ eine charmante, niedliche und gänzlich unaufgeregte Geschichte für die Kleinen geschrieben. Dabei lässt er die eine oder andere Verhaltensregel (wenn ich dies so nennen darf) äußerst dezent in die Handlung einfließen. Im Vordergrund steht bei ihm aber, das Interesse der Kids an der Oper zu wecken und deren Neugierde so stark zu schüren, dass sie bestenfalls das Gelesene auch gerne „live“ auf der Bühne erleben möchten. Als Anhang präsentiert er ebenso kindgerecht viele, viele Fakten u.a. zum Opernhaus, zum Orchester sowie zu den Werken und ihren Schöpfern.

Axel Scheffler ist als Illustrator – dank „Der Grüffelo“ – sicherlich vielen ein Begriff. Auch hier zauberte er wieder humorvolle Bilder, in denen er die Kunstform „Oper“ liebevoll auf den Arm nimmt, indem er ironisch mit gängigen Klischees spielt.

Ich freue mich immer, wenn ich Bücher entdecke, die schon den Kids die Magie des Theaters näher bringen und zeigen, dass die Oper eine Kunstform für jede und jedem ist, und seien sie noch so klein…! 😉


erschienen bei Jacoby & Stuart / ISBN: 978-3946593720 / in der Übersetzung von Edmund Jacoby

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