[Rezension] Arthur Conan Doyle – SHERLOCK HOLMES & DIE DAME IN GRÜN (Hörspiel)

Die Corona-Zeit liegt zum Glück hinter uns, und sicherlich wird niemand gerne daran erinnert. Das Leben lag zuerst völlig brach und kam dann nur recht schleppend wieder in Bewegung. Kulturelle Einrichtungen durften unter Einhaltung pandemiekonformer Bedingungen ihre Türen wieder für ein Publikum öffnen.

So kreierte das bremer kriminal theater aus der Inszenierung von SHERLOCK HOLMES & DIE DAME IN GRÜN, die die Eröffnungsproduktion ihrer früheren Spielstätte war, ein Live-Hörspiel, das dann zu einer echten Hörspiel-Produktion nochmals veredelt wurde.


2 CDs/ Sherlock Holmes & Die Dame in Grün (2020) von Arthur Conan Doyle/ Regie: Ralf Knapp/ Aufnahmeleitung & Mix: Mark Derichs/ Musik & Sounds: Johannes Haase/ mit Christian Aumer, Mark Derichs, Martina Flügge, Ralf Knapp und Mateng Pollkläsener


Inspektor Gregson von Scotland Yard sieht sich grausigen Serienmorden gegenüber, bei denen junge Frauen ermordet werden und ihnen jeweils ein kleiner Finger fehlt. Die Opfer scheinen keine Gemeinsamkeiten aufzuweisen, so dass die Polizei von einer zufälligen Auswahl der Opfer ausgeht und den Täter für einen wahnsinnigen Affektmörder hält. Sherlock Holmes ist anderer Meinung, da er die Morde für logisch geplant hält und einen klugen Kopf hinter den Straftaten vermutet. Sir George Fenwick wird tot aufgefunden, und schnell wird deutlich, dass er Selbstmord begangen hat. Auf den ersten Blick stehen die Serienmorde und der Selbstmord nicht in Verbindung zueinander. Holmes und sein treuer Freund Dr. Watson kommen allerdings auf eine interessante Spur. Ein angesehener Mann ist in die Mordreihe involviert, denn bei ihm wurde ein abgetrennter Finger einer jungen Frau aufgefunden. Er stand während der Mordnacht unter einem fremden Einfluss und kann sich an viele Details der vergangenen Stunden nicht erinnern. Holmes stellt Nachforschungen an, welche Möglichkeiten bestünden, um einen Menschen so zu manipulieren, dass er einen Mord begeht, ohne sich daran erinnern zu können. Er nimmt an einem informativen Abend der Gesellschaft für Hypnose teil. Dort erfährt er von einer jungen Frau, die häufiger an diesen Abenden teilnimmt – die Frau in Grün. Nach und nach kommt er auf die Schliche von Professor Moriarty und dessen charmanter Komplizin Lydia Marlowe. In einem gefährlichen Versuch lässt sich Holmes auf eine Hypnose ein und wird beinahe Opfer von Professor Moriartys Plan.

 (Inhaltsangabe der Wikipedia-Seite zum Film entnommen!)

Die Inszenierungen am bremer kriminal theater (kurz: b.k.t.) bestechen immer durch eine ganz eigene Ästhetik – sowohl in der Ausstattung wie auch in der Art der Darstellung. Diese Ästhetik konnte auch ins Hörspiel ganz wunderbar transferiert werden. Diese Mischung aus Dramatik und Spannung, aus (leichter) Übertreibung und Ironie, gepaart mit der hörbaren Lust am Spiel mit der Stimme, machte mir als Zuhörer eine immense Freude.

Theaterleiter und Regisseur Ralf Knapp besetzte die Rollen mit bekannten Gesichtern bzw. (in diesem Fall) mit bekannten Stimmen aus dem b.k.t.-Kosmos. Christian Aumer gibt den brillanten Meisterdetektiv mit wohldosierter Arroganz, der allerdings auch dem Weltlichen nicht abgeneigt scheint und so deutlich nahbarer wirkt. Regisseur Ralf Knapp selbst mimt dessen treuen Freund Dr. Watson und porträtiert ihn bodenständig aber durchaus auch etwas begriffsstutzig. Es ist herrlich witzig, wie Dr. Watson mit Inspektor Gregson darum buhlt, wer von ihnen nun der Erzähler und somit der Chronist dieser Geschichte ist. Mark Derichs stattet Inspektor Gregson mit jugendlichem Elan aus, der allerdings seine Überforderung gegenüber Holmes Genialität nicht kaschieren kann. Martina Flügge als die titelgebende DAME IN GRÜN weiß sich in dieser Männerriege zu behaupten, indem sie gekonnt stimmlich prägnante Akzente zwischen Verruchtheit und Verzweiflung setzt. Mateng Pollkläsener verleiht Professor Moriaty eine trügerische Gemütlichkeit, die nicht über den skrupellosen Schurken hinweg täuscht.

Der Regisseur machte – wie auch in vergangenen Inszenierungen am b.k.t. – aus einer Not eine Tugend. Er ließ (neben den erwähnten Hauptpartien) die div. Nebenrollen von den vorhandenen fünf Herren und der einzigen Dame im Ensemble einsprechen, die scheinbar mühelos in die vielen Charaktere hüpften. Zudem setzte er meisterhaft auf ein perfektes Timing und würzte die Geschichte mit witzigen Rand-Dialogen (Stichwort: Zeitungsverkäufer). Johannes Haase sorgte nicht nur für den atmosphärisch stimmigen Sound. Zur musikalischen Untermalung ließ er immer wieder die Geige erklingen, deren Einsatz ich als Reminiszenz an Sherlock Holmes musikalischem Talent gedeutet habe.

Mit dieser rundum gelungenen Hörspielproduktion braucht sich das bremer kriminal theater wahrlich nicht hinter Produktionen größerer Labels zu verstecken.


Das Hörspiel ist im Eigenverlag erschienen und nur direkt beim bremer kriminal theater erhältlich. Eine Bestellung ist über die Homepage des Theaters möglich.

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