[Show] Mary Roos & Wolfgang Trepper – MEHR NUTTEN, MEHR KOKS, SCHEISS AUF DIE ERDBEEREN! / Stadthalle Osterholz-Scharmbeck

Premiere: 10. September 2020 / besuchte Show: 1. Dezember 2023 / Stadthalle Osterholz-Scharmbeck


INSZENIERUNG Corny Littmann
MUSIKALISCHE LEITUNG & PIANO Nick Flade
GITARRE Ferdi Kirner
BASS Christian Diener
SCHLAGZEUG Thomas Käfel
BACKGROUNDSÄNGERIN Katja Friedenberg
CHEFTECHNIKER Roman Flume


Sie wissen ja, wie es ist: Manchmal hören die schlimmen Dinge einfach nicht auf. So auch hier, sie machen es wieder! Nach dem großen Erfolg und 150.000 Zuschauer bei „Nutten, Koks und frische Erdbeeren“ haben sich Mary Roos auf dem Altenteil und Wolfgang Trepper im Anti-Aggressionskurs so gelangweilt, und dann viele traurige Briefe geschrieben. Mary wollte wissen: Wie geht’s eigentlich Peter Alexander? Wolfgang denkt über alte Sachen aus dem Fernsehen nach: Wann kommt der Hustinettenbär wieder? Und dann haben sie beschlossen, Oliver Kahn hatte Recht: immer weiter, weiter, weiter! Und weil Mary die Karriere als Sängerin ja an den Nagel gehängt hat, kommt sie jetzt wieder auf die Bühnen der deutschen Theater zurück. Es gibt noch so viel Neues aus Hitparade und Disco zu erzählen, die alten Zeiten liegen wieder aufgeschlagen da, und was neu ist, bekommt sein Fett weg. Die Grande Dame des Schlagers Mary Roos stellt sich gelassen souverän dem König des Verrisses Wolfgang Trepper, der sich über Schlagerstars der letzten Jahrzehnte und Marys Sangeskollegen auslässt, tot oder lebendig: Alle können sich auf was gefasst machen.

(Inhaltsangabe den Presseinformationen zu dieser Show entnommen.)

Was geschah, als die Ikone des deutschen Schlagers mit internationalem Renommee den bösen, alten Mann mit der scharfen Zunge ansprach und fragte, ob sie nicht mal etwas zusammen machen könnten, und der auch noch zustimmte? Alle potentiellen Produzenten schrien auf und rieten von diesem Unterfangen ab. Sie verweigerten die Unterstützung mit der Begründung, dass sie als Duo zu ungleich seinen, und darum die Fallhöhe des Scheiterns zu groß wäre.

Nach 300 Vorstellungen und Tausenden von begeisterten Zuschauer*innen bei ihrer ersten gemeinsamen Show konnten Mary Roos und Wolfgang Trepper allen pessimistischen Unkenrufern mit Stolz einen eindeutigen Fingerzeig geben. Und da Frau Roos ihre Gesangskarriere offiziell an den Nagel gehängt hat, blieb ja mehr Zeit für eine nostalgisch-kabarettistische Fortsetzung der Erfolgsshow, getreu dem Motto „Never change a winning team!“.

Und so fand dieses Dream-Team gemeinsam mit einer 4-köpfigen Band samt Backgroundsängerin seinen Weg nach Osterholz-Scharmbeck, um dort in der ausverkauften Stadthalle für Stimmung zu sorgen. Schon die obligatorische Durchsage bzgl. Handybenutzung, Ton- und Bildaufnahmen gestaltet der Maestro des bösen Wortes höchst persönlich und legt damit die Messlatte der Lästerei schon recht hoch. Dann erscheint er persönlich und versprüht eine schmackhafte Bosheit nach der anderen.

Die Mitglieder der Band stellt er als Saisonarbeiter vor, die nach dem letzten Spargelstechen nicht mehr rechtzeitig nach Polen zurückgekehrt sind: „Klatschen brauchen sie nicht. Die verstehen kein Deutsch!“. Seine Bühnenpartnerin betitelt er gerne als die „alte Frau“ und fordert uns hier auf „Klatschen sie lauter. Sie hört nicht mehr so gut!“. Er zieht genüsslich vom Leder und schwadroniert über Schlager, Show-Größen und Zeitgeist-Phänomene. Und wir? Wir sitzen im Publikum und amüsieren uns gar prächtig, lassen uns lachend beleidigen und nehmen ihm dies nicht für eine Sekunde krumm. Und warum nicht? Weil er sich selbst nicht verschont und die Spitze der Ironie ins eigene Hinterteil bohrt. Da lästert er genüsslich über die Fernsehserie „Der Bergdoktor“, kann dabei alle Irrungen und Wirrungen der Titelfigur aus dem Effeff wiedergeben und beendet diesen Monolog mit den Worten „…aber ich gucke sowas ja nicht!“. Unnachahmlich steigert er sich immer mehr und mehr in seine Schimpf-Tiraden hinein – scheinbar bis zur Erschöpfung.

Die „alte Frau“ erscheint unter tosendem Applaus, singt die Songs (eigene wie geborgte) mit ihrem unverwechselbaren Timbre und zeigt dabei eine solch enorme Bühnenpräsenz, dass akrobatische Show-Einlagen, wie sie gerne von den Jüngeren des Genres dargeboten werden, absolut obsolet scheinen. Sie macht sich Nenas „99 Luftballons“ ebenso zu Eigen, wie sie „Verdammt, ich lieb dich“ von Matthias Reim ihren eigenen Stempel aufdrückt. Trotz aller Erfolge steht hier eine sympathische Künstlerin auf der Bühne, die nie die Bodenhaftung verloren hat. Die Trepper’schen Beleidigungen lässt sie stoisch an sich abperlen, um dann im entscheidenden Moment zurückzuschießen: „Sie sind zwar jünger. Dafür sehe ich besser aus!“

Dann plaudern die Beiden von der guten alten Zeit, wo die heimischen Kacheln mit Prilblumen verschönt wurden, man sich darauf einen Dujardin gönnte, Clementine für Reinheit sorgte. und Show-Master wie Hans-Joachim Kuhlenkampff und Peter Frankenfeld den Samstagabend beherrschten. O-Ton Trepper: „Wie erkläre ich den Jüngeren, wer Peter Frankenfeld war? Also, ihr kennt doch Joko und Klaas! Peter Frankenfeld war beide zusammen, nur in gut!“. Das Zusammenspiel dieser Bühnen-Profis ist exzellent, ihr verbaler Schlagabtausch brillant. Da gibt es sicherlich ein Skript, an dem sich die Beiden entlanghangeln, doch „unverhofft kommt oft“: Wenn zum Beispiel mitten in ihrem Dialog ein Fan am Bühnenrand auftaucht, um Mary ein Präsent zu überreichen, wird gar köstlich improvisiert.

Doch was ist es, was dieses ungleiche Paar miteinander vereint? Die Roos bekannte sich unlängst als schrille Alte und ist bekannt für ihren schwarzen Humor, der kongenial zu ihrem Partner passt. Und der Trepper lässt trotz aller boshaften Sticheleien und verbalen Frechheiten keinen Zweifel aufkommen, welche tiefe Sympathie er für sie empfindet. Apropos Stichelei: Genüsslich offenbart Trepper so manche Jugendsünde der Schlager-Ikone. So hat sie in den 70er Jahren einen Werbesong mit dem originellen Namen „Happy-Pizza-Song“ für Dr. Oetker aufgenommen, den er zur Erheiterung des Publikums von der Technik einspielen lässt.

Doch selbst der scheinbar ewige Nörgler Wolfgang Trepper ist nicht gefeit vor Sentimentalität. So offenbart er dem Publikum, dass selbst er ein Lieblingslied von Mary hat, und nur allzu gerne stimmt sie – auch sehr zur Freude des Publikums – den Song „Pinoccio“ an. Nach „Aufrecht geh’n“ und einem sehr emotionalem „So leb‘ Dein Leben (My Way)“ werden „die Roos“ und „der Trepper“ mit Standing Ovation, Jubelrufe und einem frenetischen Applaus verabschiedet.

Diese zwei alten Bühnen-Profis haben nachdrücklich den Beweis erbracht, dass es „nur“ Talent, Witz und Charisma braucht, um verdammt gute Unterhaltung auf die Bretter zu zaubern.


Roos und Trepper sind einfach nicht tot zu kriegen und touren wahrscheinlich mit MEHR NUTTEN, MEHR KOKS, SCHEISS AUF DIE ERDBEEREN! auch im neuen Jahr weiterhin durch die Lande. Vielleicht auch in Eurer Nähe!

[Revue] LIEBEvoll / Ohnsorg Theater Hamburg

Revue (Eine gespielte Lesung) mit Texten & Musik div. Autoren / Auswahl und Zusammenstellung von Cornelia (Conny) Stein

Live-Premiere: sobald wie möglich

Ohnsorg Theater in Hamburg


Musikalische Leitung & Arrangements: Stefan Hiller
Inszenierung & Produktionsleitung: Murat Yeginer
plattdeutsche Übersetzungen, Kamera & Schnitt: Christian Richard Bauer

Alles schreit – Ach, was sag’ ich! – alles brüllt in mir nach Kultur, und ich spüre eine große Sehnsucht, endlich wieder „live & in Farbe“ meine Lieblingsbühnen besuchen zu dürfen. Bis dahin stöbere ich auf den jeweiligen Seiten und entdeckte nun beim Ohnsorg Theater ein kleines Schmankerl.

Das Ohnsorg Theater dürfte vielen von Euch aus dem Fernsehen bekannt sein: Mit dem NDR besteht seit 1954 eine intensive Kooperation. Anfangs wurden die Stücke im alten Bunker des damaligen NWDR zwecks Auszeichnung eingespielt. Später wanderten die Kameras direkt ins Theater, und die Stücke wurden vor Publikum aufgezeichnet. Dabei entstand ein sprachliches Kuriosum: Damit auch Fernsehzuschauer jenseits des Weißwurst-Äquators die Stücke verstehen, sprachen die Schauspieler*innen „Missingsch“, eine Mischung aus Hochdeutsch mit platt- bzw. norddeutscher Färbung. Doch die Bühnensprache im Ohnsorg war, ist und bleibt das Plattdeutsch. Wir selbst durften im Laufe der Jahre schon häufiger im Ohnsorg zu Gast sein: Anfangs noch im alten Haus „Große Bleichen“, das in älteren Fernsehaufzeichnungen noch zu sehen ist und in dem Ohnsorg-Stars wie Heidi Kabel, Henry Vahl, Werner Riepel, Karl-Heinz Kreienbaum, Heidi Mahler, Erna Raupach-Petersen oder Edgar Bessen schon auf der Bühne standen. Im Jahre 2011 erfolgte dann der Umzug in das größere und modernere Biberhaus am jetzigen Heidi-Kabel-Platz.

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Doch ich sprach zu Anfang von einem Schmankerl: Was könnte das Ohnsorg Theater, das wie alle Bühnen von der Einstellung des Spielbetriebes betroffen ist, da ihrem Publikum schon bieten? Och, nicht viel: …nur eine kleine literarische Revue mit vier Schauspieler*innen und einem Pianisten, fein inszeniert und raffiniert gefilmt.

Dramaturgin Cornelia Stein hat dafür eine sowohl kluge wie auch facettenreiche Textauswahl zum Thema Liebe getroffen. Sie sorgt so für nahtlose Übergänge vom Text zum Song (und retour). In der flüssigen Regie von Murat Yeginer, Oberspielleiter am Haus, agieren Beate Kuipel, Tanja Bahmani, Markus Gillich und Christian Richard Bauer, der sowohl für die gelungene Übersetzung einzelner Texte und Songzeilen ins Plattdeutsche wie auch für den raffinierten Schnitt verantwortlich war.

Alle vier Künstler*innen sind schon langjährig dem Ohnsorg Theater verbunden, stürzen sich voller Spielfreude in die Interpretation der Texte und bieten viel Amüsement mit einer Prise Melancholie. So bekommen die Worte von William Shakespeare, Johann Wolfgang von Goethe, Oscar Wilde, Friedrich Schiller, Theodor Storm, Guy de Maupassant oder Heinrich Heine eine ganz neue Dynamik und klingen auf Plattdeutsch überraschend unverbraucht. Auch der Gesang kann sich durchaus hören lassen: Der musikalische Leiter Stefan Hiller hat die bekannten Songs seinem Ensemble passgenau in die Kehlen arrangiert und bietet eine musikalische Bandbreite, bei dem das Zuhören einfach nur Spaß bereitet. Da klimpert die Titelmelodie zu Drei Haselnüsse für Aschenbrödel lieblich aus dem Klavier, Lennon & McCartneys Do you want to know a secret wird zelebriert, So bist Du von Peter Maffey wird vom traditionellen Dat du mien leefsten büst abgelöst, Bee Gees How deep is your love erklingt mehrstimmig, und  Verdammt, ich lieb dich von Matthias Reim fetzt auch auf Plattdeutsch.

Bei dieser abwechslungsreichen Auswahl an Worten – ob nun gesprochen oder gesungen – haben alle Akteur*innen reichlich Spielraum, sich darstellerisch auszutoben und unterschiedliche Facetten von sich zu zeigen. Und auch hier zeigen sich die Stärken eines Ohnsorg-Schauspielers: echt und wahrhaftig, mit Witz und Ironie, mit Herz und Verstand aber ohne unnötiges intellektuelles Chichi.

Ich schaue mir diese wunderbare Revue an, ich singe und lausche, ich lache und weine, ich fühle mich wohlig umfangen. Doch meine Sehnsucht kann nicht gestillt werden. Ganz im Gegenteil: ICH BRAUCHE KULTUR!


…Lust auf Liebe? Dann wünsche ich Euch viel Spaß mit dem Video zu LIEBEvoll! Weitere Informationen zum Ohnsorg Theater findet Ihr auf der Homepage.

[Revue] Nachdem ich mich hier versammelt habe… – Die tierisch satirische Heinz Erhardt-Revue / Weyher Theater

Bühneneinrichtung: Thorsten Hamer / nach Texten von Heinz Erhardt

Premiere: Datum unbekannt / besuchte Vorstellung: 14. August 2016 / Weyher Theater

Inszenierung: Thorsten Hamer


„Als ich geboren wurde, war ich noch sehr jung…“ 

Das ist er wieder – dieser Schelm – reinkarniert in der Gestalt des Schauspielers Thorsten Hamer!

Hamer tritt auf, und der Saal tobt: Gestik, Mimik, Körperhaltung und Tonfall – alles perfekt ohne aufgesetzt zu wirken. Jeder Satz, jede Anekdote und jeder Kommentar wurde mit Beifall und Gelächter honoriert. Mit seiner Spielfreude steckt er das Publikum erst an und dann in die Tasche.

Nathalie Bretschneider und Marc Gelhart waren als seine Partner in Sketchen und Songs mit Freude dabei – auch wenn sie hin und wieder „nur“ Stichwortgeber waren, damit Hamer seine Kunst dem Publikum kredenzen konnte.

Auch Kevin Kuhlmann am Piano war vor den Streichen von Thorsten Hamer nicht gefeit: So überrascht er – bei aller Professionalität – sich, seine Bühnenpartner und das Publikum mit spontanen Improvisationen, über die er sich selbst am Meisten amüsierte. Wir waren ihm alle verfallen.

„Wer reitet so spät durch Wind und Nacht? Es ist der Vater, es ist gleich acht…“

Als Liebhaber von intelligenten Blödeleien und klugen Sprachspielereien kamen wir bei dieser „tierisch satirischen Heinz Erhardt-Revue“ voll auf unsere Kosten.

Jubel für Heinz Erhardt! Jubel für Thorsten Hamer!


Nachdem ich mich hier versammelt habe… wird unregelmäßig am Weyher Theater gezeigt: Bitte den Spielplan beachten!