MONTAGSFRAGE #134: Gibt es ein Buch, das Dir sehr gefallen hat, Du aber nicht noch einmal lesen würdest?

„Sag niemals nie…!“ – Sean Connerys letzter Einsatz als Spion im Auftrag ihrer Majestät könnte durchaus auch als Untertitel für diese MONTAGSFRAGE dienen. „Sag niemals nie…!“ – Sicher könnte ich jetzt vollmundig behaupten, dass ich das eine oder andere Werk nicht mehr lesen würde, obwohl es mir sehr gefallen hat, aber

…aber was schert mich in einer Woche/einem Monat/einem Jahr mein Geschwätz von heute, wenn ich gerade dann zu genau diesem/jenen/welchen Zeitpunkt das dringende, unbändige und nicht zu stillende Bedürfnis verspüre, eben genau das Werk wieder lesen zu wollen, das ich nicht noch einmal lesen wollte. Somit ist meine Antwort zur heutigen MONTAGSFRAGE auch nur als ein kurzfristig gültiges Zeitdokument zu sehen – sozusagen ein Schnappschuss, der meine momentane Meinung im Wort festhält aber keine Gültigkeit für die Ewigkeit besitzt. Logisch, oder?

Doch nun hurtig ran an eine Beantwortung der Frage: Ich würde gerne die besagten Bücher in zwei Kategorien einteilen:

  1. Bücher, die mir sehr gefallen haben, die ich aber nicht nochmals lesen würde und darum auch nicht mehr in meinem Besitz sind.
  2. Bücher, die mir sehr gefallen haben, die ich aber nicht nochmals lesen würde aber trotzdem für immer und ewig in meinem Besitz bleiben werden.

Zur 1. Kategorie zählen interessanterweise viele Bücher, die ich im Rahmen meiner Blogger-Tätigkeit teilweise als Rezensionsexemplar zwecks Besprechung erhalten habe. Alle diese Bücher haben mir wirklich so sehr gefallen, dass ich vollmundige Rezensionen verfasst und sie überschwänglich gelobhudelt habe. Dieses Urteil habe ich voller Überzeugung getätigt, und ich würde diese Bücher auch immer wieder wärmstens weiter empfehlen. Doch da auch meine Lebenszeit begrenzt ist, und ich zudem den Wunsch verspüre, ganz viel und mir noch unbekannte Literatur zu entdecken, habe ich diese Werke (durchaus mit einem weinenden Auge) weiterziehen lassen. Zu diesen Büchern zählen u.a.:

Zur 2. Kategorie zählen hauptsächlich Werke, die mich in einer besonderen Lebenssituation getroffen haben – und „treffen“ trifft es genau! Unsere Begegnung war so prägend, dass sie zum Teil in die Ruhmeshalle „Die Bücher meines Lebens“ eingezogen sind. Da möchte ich gerne zwei Werke stellvertretend nennen:

Beide Werke dürfen sich mit Recht als Epos bezeichnen, denn allein von ihrem Seiten-Umfang sind sie epochal und können so durchaus einschüchternd wirken. „Vom Wind verweht“ bringt es in der Neuübersetzung auf stattliche 1200 Seiten und wird von „Die Elenden“ mit über 1500 Seiten sogar noch übertrumpft. Da würde ich es mir sehr genau überlegen, ob ich mich an eine solche literarische Schwarte nochmals ran traue. Zudem schlummert in mir die Angst, dass ich sie bei einem wiederholten Lesen vom Sockel des Besonderen stoße und somit brutal entzaubere, da sich meine Sichtweise (zwangsläufig) nach all den Jahren verändert hat. Ist es mir das wert…???

Diese Bücher sind so sehr mit mir und meinem Leben verwoben, dass sie immer ihren Platz in meinem Bücherregal haben werden.

…???


Antonia Leise von „Lauter & Leise“ hat dankenswerterweise DIE MONTAGSFRAGE: Buch-Blogger Vorstellungsrunde wiederbelebt und stellt an jedem Montag eine Frage, die Interessierte beantworten können und zum Vernetzen, Austauschen und Herumstöbern anregen soll! Ich bin gerne dabei!!!

In meinem MONTAGSFRAGE-Archiv findet Ihr Fragen & Antworten der vergangenen Wochen.

[Rezension] George Pelecanos – Das dunkle Herz der Stadt

Washington, D. C., Anfang der 90er: Nick Stefanos lebt ein Leben am Abgrund. Der Ex-Detektiv, der sich als Bartender über Wasser hält, ist häufig sein bester Kunde. So auch an dem Abend, als er sturzbetrunken Ohrenzeuge am Mord eines Teenagers wird. Trotz erhöhter Promillezahl im Blut bemerkt er einige Ungereimtheiten an dieser scheinbaren Tat rivalisierender Gangs im Drogenmilieu. Der beste Freund des Opfers bleibt verschwunden, und Nick nimmt als alter Spürhund die Fährte auf.

Ganz in der Tradition der „hardboiled detectives“  wie Sam Spade oder Philip Marlowe lernt der Leser den Protagonisten kennen. Eine interessante Persönlichkeit, die gerne am Rande der Legalität agiert und im Vergleich zu seinen klassischen Vorbildern deutlich menschlicher und weniger frauenverachtend wirkt.

Damit verhindert der Autor, dass zwischen Leser und Protagonist eine Distanz entsteht, wie sie in den klassischen Krimis des Genres häufig üblich ist. Nick Stefanos ist keiner dieser arroganten, zynischen und illusionslosen Archetypen – obwohl „ganz Mann“ hat er sich eine weiche, mitfühlende Seite bewahrt.

Auch sein Partner wider Willen entspricht so gar nicht dem Bild des abgebrühten Privatdetektivs: Jack LaDuke, angeheuert um den verschwundenen Jungen zu finden, wirkt eher wie der schlaksige College-Boy von Nebenan, verbirgt aber eine äußerst dunkle Seite, die erst peu à peu zu Tage tritt.

Dieses ungleiche Gespann kämpft sich durch eine düstere Geschichte voller seelischer Abgründe, in der die Menschen zwischen Drogen, Kriminalität, Gewalt und Prostitution ihr Dasein fristen – ohne Hoffnung, ihrem Schicksal zu entfliehen.

George Pelecanos gelingt es mit harten, schnellen Schnitten, schnörkellosen Charakterisierungen und einer trostlosen Milieustudie, einen atmosphärisch-dichten und spannenden Krimi zu schaffen,…

…der die Fragen nach Recht & Unrecht, nach Schuld & Sühne, nach Moral & Gerechtigkeit aufwirft…

…und mit einem fulminanten Ende überrascht, das mich verblüfft und irritiert zurückließ! Harte Krimikost!

erschienen bei ars vivendi/ ISBN: 978-3869139173

Ich danke dem Verlag herzlich für das zur Verfügung gestellte Leseexemplar!