[Blog-Ge-„switch“-er] Januar 2021…

Erstaunlich: Das so genannte Neue Jahr hat zwar erst nur einige wenige Tage auf dem Buckel aber fühlt sich für mich gar nicht mehr so neu an. Vielleicht liegt es daran, dass ich den Jahreswechsel arbeitend verbracht habe, und Silvester mir eh ziemlich schnuppe ist. Zudem empfand ich das Böllerverbot als ausgesprochen angenehm: keine übelriechenden Nebelschwaden über der Stadt, kein Dreck auf den Straßen, keine verirrten Raketenreste im Vorgarten, auf dem Dach oder sonst wo…! Der Krach hielt sich somit ebenfalls in Grenzen, und unser Kater konnte diesen Jahreswechsel absolut tiefenentspannt erleben.

Dafür haben meine lieben Blogger-Kolleg*innen in den vergangenen Wochen wieder ordentlich „Krach geschlagen“ und erfreuten mich (und nun hoffentlich auch Euch) wieder mit einigen unterhaltsamen und somit lesens- wie beachtenswerten Beiträgen. Ich wünsche Euch viel Spaß!

  • Wie auch schon zuvor bei „Der Hund der Baskervilles“ von Sir Arthur Conan Doyle gönnt Stefan Heidsiek auf seinem Blog „Crimealley“ mit Das geheimnisvolle Verbrechen in Styles auch dem Erstlingswerk von Agatha Christie eine profunde Rezension incl. (Foto-)Bericht von einem Ortstermin am Schauplatz des Geschehens. Er war leibhaftig dort, wo die Handlung des Romans „Das fehlende Glied in der Kette“ spielt: …mein neidvolles Erblassen (mit einem Stich ins Grünliche) versuche ich gerade mit einer Lage Make-Up zu übertünchen! 
  • Ihr liebt es kriminalistisch?! Dann rate ich Euch, einen Blick auf den Blog „Krimiautoren von Abel bis Zeltserman“ zu werfen. Der Name ist Programm: Schnörkellos aber voller Informationen lädt diese Seite dazu ein, vergessene Krimiautor*innen aufzuspüren und neu für sich zu entdecken. Unter Meine Top-Krimis 2020 war mir nicht ein einziger Autorenname bekannt. Ich fürchte, dass ich eine Menge aufzuholen habe…!
  • Am 5. Januar wäre Friedrich Dürrenmatt 100 Jahre alt geworden: Anlässlich dieses Jubiläums möchte ich mich endlich intensiver mit einem seiner Kriminalromane beschäftigen. Meine Wahl habe ich schon getroffen, und sie fiel weder auf den Roman „Der Richter und sein Henker“ (Schullektüre in der 9. Klasse) noch auf dessen Fortsetzung „Der Verdacht“. Beim Letztgenannten ist mir David Wonschewski auf seinem Blog mit dem Beitrag Absturz auf halber Strecke… zuvorgekommen. Wobei ich zu einem späteren Zeitpunkt beide Romane noch- bzw. erstmals lesen werde, um mir eine eigene Meinung zu bilden!
  • Am Anfang eines jeden Jahres haben Horoskope Hochkonjunktur: Marion Rave von „schiefgelesen“ amüsierte mich mit Dein Bücher-Horoskop für 2021 mit einem Blick in die Sterne der literarischen Art, indem sie aus ihrem reichen Fundus an Rezensionen die passende Lektüre zum jeweiligen Charakter des Sternzeichens auswählte. Ob sie damit richtig liegt, müsst Ihr selbst herausfinden! 
  • Bleiben wir mal bei den guten Vorsätzen zum Neuen Jahr: Viele Menschen setzen sich Ziele, einige erreichen diese, andere erreichen sie nicht. Liegt es vielleicht daran, dass die/der Betreffende ein kleines Plappermäulchen ist? Christoph Wassermann gibt uns auf seinem Blog „Skill Up Your Life“ den Rat Erzähle niemandem von deinen Zielen, denn dann bist Du erfolgreicher. Warum? Lest selbst…!
  • …und dann erreichte mich völlig überraschend am Silvestertag eine Mail von Neal Treadwell, einer der Autoren von LOVING: Männer, die sich lieben, mit der Bitte, ob er meinen Blogbeitrag auf seinem Instagram-Account erwähnen dürfte. Natürlich hat er von mir mit Freude eine Zusage erhalten: Ich fühlte mich geehrt und war auch ein klitzekleines bisschen stolz! 💖 
  • DAS KLEINE „GOODIE“ ZUM SCHLUSS: Da ich in der Nachbarschaft besagter Hansestadt lebe, habe ich sowohl mit Interesse als auch mit Bestürzung den Artikel Tatort Märchen: Das wahre Gesicht der Bremer Stadtmusikanten gelesen, in dem Peer Gahmert und Philipp Feldhusen einen erschütternden Skandal um diese scheinbar lustigen Gesellen aufdecken. Investigativer Journalismus in Reinkultur! 😂

Ein kleiner Hinweis am Schluss: Dies ist keine Rubrik, die regelmäßig erscheint. Darum lasst Euch überraschen, wann das nächste [Blog-Ge-„switch“-er] das Licht der Blogger-Welt erblickt…!!! 😊

MONTAGSFRAGE #106: Was war dein Lesehighlight 2020?

Nur noch einige wenige Tage und dann wird dieses Jahr endlich der Vergangenheit angehören. Nie zuvor war ich so froh, dass ein Jahr vorbei geht, wie in 2020. Aber nie zuvor hat uns ein Jahr auch so viel abverlangt wie in 2020. Was wird uns das Schicksal für das Jahr 2021 bereithalten?

Meine frühere Chefin und ich saßen am letzten Arbeitstag des Jahres gerne auf einer Tasse Kaffee zusammen und ließen gemeinsam das vergangene Jahr mit seinen vielfältigen Aufgaben, Ereignissen und Herausforderungen Revue passieren. In den ersten Jahren unserer Zusammenarbeit verabschiedeten wir uns mit dem hoffnungsvollen Satz „Im nächsten Jahr wird alles besser!“. Aber es wurde nicht unbedingt „besser“, vielmehr endwickelte sich das folgende Jahr meistens anders als gedacht. Darum änderten wir auch unseren Jahresabschluss-Satz in „Im nächsten Jahr wird alles anders!“.

Und doch wünsche ich mir für das Neue Jahr ganz unbescheiden beides: Das Jahr 2021 soll bitte „besser“ und somit „anders“ als das Jahr 2020 werden!

Was aber niemals „besser“ war, und somit auf keinen Fall „anders“ werden soll, ist meine Liebe zum Lesen. In diesem Jahr durfte ich mich an gänzlich unterschiedlichen und doch sehr besonderen Lektüren erfreuen. Zwar segelte ich durchaus auch auf bekannten Gewässern, erforschte aber ebenso unbekannteres Terrain. Bei meinem Rückblick stellte ich mit ein wenig Verwunderung fest, dass meine Lesehighlights in diesem Jahr eher „die ollen Kamellen“ waren, die entweder von mir erstmals wahrgenommen oder wiederentdeckt wurden.


Im Februar beschäftigte ich mich mit Margaret Mitchells Epos Vom Wind verweht, das in einer frischen Neu-Übersetzung erschienen ist. Dieser Klassiker fand schon Eingang in Die Bücher meines Lebens und animierte mich zu der Abhandlung Wie ein Cover die Wahrnehmung beinflusst.

Der Juli stand ganz im Zeichen von Erich Kästner und seinem Werk: Besonders das kleine Büchlein Über das Verbrennen von Büchern nahm mich gefangen. Seine Berichte u.a. über die Bücherverbrennung im Mai 1933 sind Zeugnis und Mahnung zugleich.

Im Rahmen meiner kleinen Kästner-Retrospektive beschäftigte ich mich erstmals auch mit dem Erfinder der charmanten Bildergeschichten Vater und Sohn. Erich Ohser (alias E.O. Plauen) war ein enger Freund Kästners, dessen Schicksal mich erschütterte.

An Menschen im Hotel von Vicki Baum wagte ich mich im September und erlebte eine kleine Überraschung: Ich erwartete eine in die Jahre gekommene Geschichte und entdeckte einen fesselnden Gesellschaftsroman. Mein Interesse an weiteren Werken der Autorin war geweckt…!

Im Oktober traute ich mich endlich, einen Blick in die Schmuckausgabe von Michael Endes Die unendliche Geschichte zu werfen und wurde nicht enttäuscht: Die Illustrationen von Sebastian Meschenmoser sind berauschend. Warum ich zögerte? Auch dieser Kinderbuchklassiker gehört zu Die Bücher meines Lebens.

Ebenfalls im Oktober begeisterte mich der eindrucksvolle Bildband LOVING: Männer, die sich lieben. Fotografien von 1850-1950 und berührte mein Herz. Über Jahre haben die beiden Autoren Hugh Nini und Neal Treadwell Fotos liebender Männer gesammelt, die zu einer Zeit entstanden sind, als die Gesellschaft weniger liberal eingestellt war.


So endet der Jahresrückblick mit meinen Lesehighlights doch eher hoffnungsfroh: Mit einem guten Buch als Begleiter stelle ich mich auch den Herausforderungen des Neuen Jahres.

Es gibt noch so viele wunderbare Bücher zu entdecken, und auch im Jahre 2021 werden einige weitere dazu kommen…!

…und was waren Eure Lesehighlights 2020?


Antonia Leise von „Lauter & Leise“ hat dankenswerterweise DIE MONTAGSFRAGE: Buch-Blogger Vorstellungsrunde wiederbelebt und stellt an jedem Montag eine Frage, die Interessierte beantworten können und zum Vernetzen, Austauschen und Herumstöbern anregen soll! Ich bin gerne dabei!!!

In meinem MONTAGSFRAGE-Archiv findet Ihr Fragen & Antworten der vergangenen Wochen.

[Rezension] Hugh Nini & Neal Treadwell – LOVING: Männer, die sich lieben. Fotografien von 1850-1950

Am Blick zweier Menschen erkennt der aufmerksame Beobachter, ob diese Beiden sich lieben. Da können die Gesten noch so zurückhaltend und die Körperhaltung eher defensiv sein, der Blick verrät sie…! Wenden sich die Liebenden einander zu, vollführen ihre Körper eine Wandlung. Sie nehmen eine Position ein, die sich über Jahrzehnte (wenn nicht sogar Jahrhunderte) hinweg nicht verändert hat und unabhängig ist von Herkunft, sozialer Stellung, Ethnie, Alter, Geschlecht und sexueller Orientierung. Die Liebenden neigen vertraut die Köpfe zueinander: Es scheint beinah so, als wäre diese Position der gegenseitigen Zuneigung in der Genetik des Menschen verankert.

Hugh Nini und Neal Treadwell entdeckten vor über 20 Jahren ein altes Original-Foto, auf dem zwei junge Männer sich umarmen und verliebt in die Augen schauen. Anfangs dachte das Paar noch, das es sich hierbei eher um einen einmaligen Fund handelte. Bewusst machten sich die beiden auf die Suche nach weiteren Fotos einer Liebe zu einer Zeit, als diese Liebe „nicht sein durfte“, gesellschaftlich nicht anerkannt war und bei Entdeckung oftmals auch bedrohliche Konsequenzen nach sich ziehen konnte. Trotzdem wagten diese Männer es, ihre Liebe füreinander auf einem Foto zu konservieren.

Über die Jahre hinweg trugen Hugh Nini und Neal Treadwell über 2800 Fotografien aus aller Welt (USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Russland u.a.) zusammen und schufen so eine einzigartige Sammlung, die gleichzeitig eine Reise durch Länder und Epochen darstellte. Änderten sich auch Mode, Frisuren oder Bild-Hintergründe, die Haltung der porträtierten Männer zueinander zeigt eine erstaunliche Ähnlichkeit – unabhängig vom Entstehungsjahr oder dem Herkunftsland. Wir erfahren nur wenig von den Porträtierten. Oftmals sind es nur die wenigen Informationen, die das Foto selbst bzw. eine Notiz auf der Fotorückseite preisgeben. Und gerade diese raren handschriftlichen Notizen sind es, die das Verlangen dieser Männer nach Anerkennung und Normalität widerspiegeln: Die Zeile „Ich schicke dir ein Foto, das wohl den Vorhang von einem kleinen Teil meines Lebens lüftet.“ steht auf der Rückseite eines Fotos aus Bulgarien und offenbart mehr als sie verschweigt.

Alle diese Männer hätten sich sicherlich ein offenes Miteinander gewünscht. Doch sie waren gezwungen, sich und ihre Liebe zu verstecken, dem Wohlwollen des jeweiligen Fotografen ausgesetzt und mussten auf dessen Verschwiegenheit hoffen. Selbst die etwas kitschig anmutenden Selbstinszenierungen, sei es in einem Fotostudie auf einem „Honeymoon“ oder als nachgestelltes Hochzeitsfoto mit Brautstrauß und/oder Sonnenschirm, sollen schlicht und ergreifend nur das ausdrücken, was auf einem selbst gemalten Papp-Schild steht („not married but willing to be“), das zwei junge Herren in die Kamera halten, und signalisiert, dass sie zusammen gehören. Andere Paare bleiben lieber für sich und halten ihre Liebe via Foto-Automat fest und sichern so, dass weder Fotograf noch die Angestellten eines Entwicklungslabors sie denunzieren könnten. Auf wenigen Fotos sind neben den Paaren auch weitere Frauen, Männer bzw. (Kriegs-)Kameraden abgelichtet: Zu diesen Menschen muss ein enormes Vertrauen bestanden haben, ansonsten hätten die Liebenden es nicht gewagt, ihre Liebe so eindeutig vor ihnen zu zeigen.

Ich fühle mich diesen unbekannten Männern auf eine verwirrende Weise verbunden. Verwirrend vielleicht aufgrund der Erkenntnis, dass sich zwischen den 1950er und 80er Jahren wenig gesellschaftlich getan hatte: Selbst in den 80ern aufgewachsen war „schwul“ damals ein gängiges Schimpfwort, und AIDS galt als „Schwulenseuche“. Nie hätte ich es in dieser Zeit gewagt, mich zu outen. Zu groß war meine Angst vor Repressalien. Da versteckte ich mich doch lieber weiter hinter einer Fassade aus Konventionen. Erst als ich den Mut fand, dieses Bollwerk niederzureißen, begann mein wahres Leben. Ich konnte atmen und war frei für eine Partnerschaft.

Rund 350 Fotografien haben Hugh Nini und Neal Treadwell aus ihrer umfangreichen Sammlung für diesen opulenten Bildband ausgewählt. Sie erzählen Geschichten voller Melancholie und Sehnsucht, von Zuneigung und Verbundenheit aber auch von Enttäuschungen, Kränkungen, Verleugnungen und nicht gelebte Leben.

Aber vor allem anderen sind diese Fotografien eins: Ein Ausdruck von Liebe!


erschienen bei Elisabeth Sandmann/ ISBN: 978-3945543825

Ich danke dem Verlag herzlich für das zur Verfügung gestellte Leseexemplar!