[Rezension] Frédéric Brémaud (nach Agatha Christie) – DIE MORDE DES HERRN A.B.C./ mit Illustrationen von Alberto Zanon

Begeisterung! Pure Begeisterung! Absolute und uneingeschränkte Begeisterung!

Konnten mich die beiden letzten Veröffentlichungen der „Agatha Christie Classics“ schon begeistern, so hat der Carlsen-Verlag mit DIE MORDE DES HERRN A.B.C. dies noch übertroffen.

Es stimmte einfach alles!

Frédéric Brémaud hat die vielschichtige Geschichte wunderbar in das Format der Graphic Novel transferiert, ohne dass mir signifikante Lücken gegenüber dem Original-Roman auffielen. Vielmehr bekommt diese Raffung der Handlung ausgesprochen gut, da so der Spannungsfaden stets straff gespannt bleibt und Leerlauf oder sogar Langeweile keinerlei Chancen erhalten aufzukeimen. Vielmehr treibt Brémaud die Handlung klug voran, ohne in Hektik zu verfallen. Die Dialoge sind absolut schlüssig und glaubwürdig. Sie bestanden sogar meinen Test des lauten Vortrags und bewährten sich somit als „spielbar“. Ich konnte keine leeren und somit entbehrlichen Worthülsen entdecken, die die Figuren unglaubwürdig erscheinen lassen oder unzutreffend charakterisieren würden.

In einem mysteriösen Brief wird ein Mord angekündigt, und Hercule Poirot kann diesen nicht verhindern. Dann folgt ein zweiter Brief. Wieder geschieht ein Verbrechen. Die Morde scheinen einem Muster zu folgen – den Buchstaben des Alphabets. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, und der einzige Hinweis ist ein ABC-Zugfahrplan. Wieder einmal muss Poirot all seine kleinen grauen Zellen einsetzen, um den Fall zu lösen.

(Inhaltsangabe der Homepage des Verlages entnommen!)


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Alberto Zanon sorgte mit seinen Illustrationen gekonnt dafür, dass die Dialoge eine Gestalt erhielten. Er zauberte prägnante, interessante, nicht im klassischen Sinne schöne Charakterköpfe auf das Papier, die sehr viel Persönlichkeit aufwiesen. Seine Figuren – insbesondere unser heldenhaftes Trio Hercule Poirot, Arthur Hastings und Inspector Japp – scheinen zwar ganz dem Christie-Kosmos entsprungen zu sein, doch verlieh er ihnen eine eigene, sehr individuelle Optik, die für eine leichte Wiedererkennung beim Betrachtenden sorgte.

Doch auch sein Setting überzeugte mich durch Abwechslung und Detailreichtum. Besonders in diesen Details erkannte ich, wie intensiv sich Zanon mit der literarischen Vorlage auseinandergesetzt hatte: Da scheint die Fassade von Poirots Wohnsitz der wunderbaren TV-Serie „Agatha Christie’s Poirot“ entliehen zu sein, und Poirots Appartement ist nicht nur herrlich gradlinig sondern auch ebenso herrlich symmetrisch eingerichtet.

In dieser gezeichneten Phantasie-Welt verteilte er einige Tupfer Realismus, denn alles, was im Entferntesten an bedrucktem Papier erinnerte, wirkt beinah naturalistisch: Briefe, Zeitungen, Etiketten, Werbe- und Kino-Plakate sowie der allgegenwärtige ABC-Fahrplan. Zudem verstand er es, meine Aufmerksamkeit durch die Wahl der Perspektive bzw. des Bildausschnittes geschickt auf Feinheiten zu fokussieren und in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Lieber Carlsen-Verlag! Hoffentlich beweist du auch in Zukunft ein so glückliches Händchen bei der Wahl der Graphic Novel-Adaptionen für die „Agatha Christie Classics“, denn dann bin ich auch weiterhin nur allzu gerne dein Fan-Boy. 😄


erschienen bei Carlsen / ISBN: 978-3551807441 / in der Übersetzung von Thomas Schöner
ebenfalls erschienen als Roman bei Atlantik / ISBN: 978-3455650037 und als Hörbuch bei DER HÖRVERLAG / ISBN: 978-3899407891
Ich danke dem Verlag herzlich für das zur Verfügung gestellte Leseexemplar!