LESE-HIGHLIGHTS 2024…

Altes Jahr vergeht.
Wange in die Hand gestützt,
blicke ich ihm nach.

Chô-i

So wie der japanische Dichter Chô-i es zwar knapp aber treffend schon vor hunderten von Jahren beschrieben hatte, erging es mir beim Schreiben dieses Beitrags.

Ich schaue auf das Jahr 2024 mit gemischten Gefühlen: Da gab es so manche Krisen bzw. krankheitsbedingte Rückschläge, die mich zum Nachdenken zwingen… (Nein! Ich werde nicht gezwungen. Vielmehr werde ich aufgefordert.) …die mich zum Nachdenken auffordern. Ich empfinde es wahrlich nicht als Zwang. Ich sehe es vielmehr als Chance! Im Neuen Jahr wird es Veränderungen geben: Wie und in welchem Umfang wird sich noch entscheiden. Um langfristig gesund zu bleiben, sollte sich in meinem Leben allerdings einiges ändern.

Doch natürlich gab es nicht nur Krisen: Gottlob wurde ich mit vielen Glücksmomenten – kleinen wie größeren – beschenkt. Ich durfte viel Qualitätszeit mit meinen Herzensmenschen verbringen, erlebte etliche inspirierende Stunden im Theater und Konzert und las einige wunderbare Bücher.

Diese Aspekte meines Lebens werde ich ganz sicher nicht ändern!

Bei der Auswahl der Bücher bin ich mir gänzlich treu geblieben. Die Zeiten, in denen ich dachte, ich müsste hier mit der Vorstellung intellektuell herausfordernder Literatur meine Follower*innen beeindrucken, sind längst passé. Ich lese, was mir gefällt – unabhängig vom Alter des Werkes bzw. für welches Lesealter es ursprünglich vorgesehen war. Es gibt für mich nur eine einzige Voraussetzung: Ich möchte mich unterhalten fühlen!

Und hier sind sie nun endlich, meine Lese-Highlights des Jahres 2024…


Lese-Highlights 2024 - Buchcover


  • Ende Februar wurde der 125. Geburtstag von Erich Kästner gefeiert. Und auch ich ließ es mir nicht nehmen, diesen großartigen Romancier – neben einer kleinen RETROSPEKTIVE – mit Rezensionen zu DAS MÄRCHEN VOM GLÜCK und DAS MÄRCHEN VON DER VERNUFT zu gratulieren. Beide Bücher wurden phantasievoll von Ulrike Möltgen illustriert.
  • Im März tat ich etwas, was längst überfällig war: Es war mir eine große Freude, Heinrich Spoerls „Loblied auf die Schule“ DIE FEUERZANGENBOWLE zu lesen.
  • Ebenfalls im März begeisterte mit Kathrin Aehnlich mit ihrem Roman DER KÖNIG VON LINDEWITZ. Immer wieder schafft sie es, den Menschen im Osten unsere Landes eine Stimme zu geben.
  • Im April hielt ich dann das wunderbare Lese- und Bilderbuch FESTE DER WELT mit den Texten von Joanna Kończak in den Händen, das von Ewa Poklewska-Koziełło ebenso wunderbar illustriert wurde.
  • Der Mai bescherte mir mit DER TWYFORD-CODE von Janice Hallett einen ganz ungewöhnlichen Roman, der komplett aus Transkriptionen von Audiodateien bestand. Spannend!
  • Absolut Entzückendes erwartete mich im August mit SO ZÄRTLICH WAR SULEYKEN von Siegfried Lenz. Dieses kleine ostpreußische Dorf im Masurenland mit seinen liebenswert-kauzigen Menschen war mir schnell ans Herz gewachsen.
  • Im September feierte auch ich den Weltkindertag: Grund genug mich mit MEIN GROSSER MÄRCHENSCHATZ. Das Original aus den 70ern der Brüder Grimm auf eine kleine Zeitreise in meine eigene Kindheit zu begeben.
  • Der September überraschte mich auch mit dem Erzählband MÖCHTE DIE WITWE ANGESPROCHEN WERDEN, PLATZIERT SIE AUF DEM GRAB DIE GIESSKANNE MIT DEM AUSGUSS NACH VORN von Saša Stanišić, das mich so sehr begeistern konnte.
  • Im Oktober wurde es schaurig-schön mit DAS PHANTOM DER OPER von Gaston Leroux in der überzeugenden Neu-Übersetzung Rainer Moritz.
  • Der Oktober blieb weiter spannend, da ich mit Sasha Filipenko und seinem Krimi  DER SCHATTEN EINER OFFENEN TÜR einen sehr interessanten Autor entdeckte.
  • Ende November geschah ein kleines Wunder, das mich selbst überraschte: Mit Agatha Christies HERCULE POIROTS WEIHNACHTEN von Isabelle Bottier (Text) und Callixte (Illustrationen) konnte mich endlich eine Graphic Novel überzeugen.
  • Im Dezember wurde es humorvoll-besinnlich mit den entzückenden Geschichten wie DER GESTOHLENE WEIHNACHTSBAUM von Hans Fallada, zu denen Ulrike Möltgen (wie schon bereits bei Erich Kästner) ihre zauberhaften Illustrationen beisteuerte.

…und das war er wieder, mein Lese-Rückblick auf das Jahr 2024, das wir in wenigen Tagen ad acta legen können. Da bleibt mir nur noch eins:

Ich wünsche Euch einen guten Rutsch ins Neue Jahr 2025!

Liebe Grüße
Andreas

[Rezension] Joanna Kończak – FESTE DER WELT/ mit Illustrationen von Ewa Poklewska-Kozietto

Wer liebt es nicht, zu feiern?! Menschen kommen zusammen, essen und trinken, reden und lachen. Sie fühlen sich in der Gemeinschaft geborgen, und für wenige Stunden scheint die Zeit stillzustehen. Ja, sogar eine Ahnung von Friede ist wahrnehmbar. Doch welche Feste gibt es auf der Welt überhaupt? Da gibt es durchaus mannigfaltige Unterschiede. Doch allen ist das gemein, was ich eingangs schon beschrieben habe: Es geht um das gemeinsame friedvolle Erleben!

Wie feiert man den Frühling in Japan? Wann wird das jüdische Neujahrsfest zelebriert? Und was tragen Menschen zum Karneval in Venedig? In diesem Sammelband begeben wir uns auf eine Reise um die Welt. In informativen Texten begleitet von bunten Illustrationen werden Feste aus allen Jahreszeiten lehrreich vorgestellt, z. B. Chanukka, Halloween, Holi, Nouruz, Ramadan, Thanksgiving. Der viel gereisten Autorin Joanna Kończak gelingt es, 36 Feste kurzweilig zu beschreiben, und durch die kunstvollen Illustrationen von Ewa Poklewska-Kozietto erwachen sie zum Leben.

(Inhaltsangabe der Homepage des Verlages entnommen!)

Wie schon bei DIE SCHÖNSTE ZEIT. Weihnachten in aller Welt legt der NordSüd-Verlag auch diesmal wieder ein traumhaft schönes Bilder- und Lese-Buch vor, das einen wunderbaren Bogen spannt über Länder und Völker, über Religionen und Kulturen. Dabei stehen immer die verbindenden Elemente im Vordergrund. Das Kennenlernen der Unterschiede, die vielleicht auf dem ersten Blick uns trennen könnten, wird in diesem Buch deutlich als Gewinn betrachtet, da diese Andersartigkeit der Menschen das Leben auf unserer Erde so bunt, so spannend, so abwechslungsreich macht.


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Doch warum sollte ich wissen, wie die Menschen anderer Kulturen feiern? Was geht es mich an? Wäre es nicht viel einfacher, wenn die Menschheit sich auf einige wenige Feste einigt, die dann überall und von allen gefeiert werden? Allein bei dem Gedanken treten Schweißperlen auf meine Stirn. Das wäre ja ungefähr so, als müssten wir uns alle identisch kleiden und dürften nur die gleichen Bücher lesen.

Dies wäre eine grauenvolle Vorstellung!

Darum: JA! Wir sollten es wissen. Denn erst ein Wissen schafft Respekt für ein friedvolles Miteinander und macht uns toleranter für andere Sicht- und Lebensweisen. Wie passend dieses Buch mir zur rechten Zeit in die Hände viel, zeigt folgendes Beispiel: Seit etlichen Jahren besuche ich ein und denselben Frisör-Salon und lasse mir dort von Murat meine Haare schneiden und den Bart stutzen. Die Tatsache, dass er Muslime ist und ich Christ bin, hat uns noch nie gestört. In der vergangenen Woche rief ich im Salon an, um bei ihm einen Termin zu vereinbaren, und erhielt die Auskunft, dass er frei hätte, da er das Zuckerfest feiert. Schnellstens griff ich zum Buch und wurde natürlich fündig. Das Fest des Fastenbrechens Eid al-Fidr, auch „Zuckerfest“ genannt, wird am Ende der Fastenzeit begangen. Die Fastenzeit soll daran erinnern, dass es auch viele Bedürftige auf der Welt gibt, die Unterstützung benötigen. Gerne wird auch an soziale Organisationen gespendet. Beim „Zuckerfest“ darf dann wieder geschlemmt werden: Die Menschen treffen sich mit Familie und Freunden und machen einander kleine Geschenke. Wie wunderbar, oder?

Ich bin nun ganz und gar nicht der Meinung, dass auch ich mir dieses Fest aneignen und zukünftig selbst feiern müsste. Ich habe meine eigenen traditionellen Feste, die auf meiner Kultur begründet sind. Doch ich würde mich durchaus freuen, wenn mich jemand mal zum „Zuckerfest“ einladen würde.

Die Texte von Joanna Kończak sind informativ, doch ebenso locker und leicht, positiv und absolut wertschätzend. Beim Lesen flog ich so mühelos über die Seiten, dass ich nahtlos von einem außergewöhnlichen Fest zum nächsten, ebenso außergewöhnlichen Fest wanderte. Ewa Poklewska-Kozietto hat abermals ganz prächtige Illustrationen geschaffen, die in ihrer Farbigkeit die Vielfalt feiert und eine immense Lebensfreude ausstrahlen. Gemeinsam haben sie ein so entzückendes Buch kreiert, das vielleicht nur einen kleinen aber dafür absolut herzerwärmenden Beitrag zur Völkerverständigung leistet. Denn…

…die Menschen sollten viel mehr miteinander feiern
als gegeneinander kämpfen!
💞


erschienen bei NordSüd / ISBN: 978-3314106873 / in der Übersetzung von Lisa Palmes
Ich danke dem Verlag herzlich für das zur Verfügung gestellte Leseexemplar!

[Rezension] Monika Utnik-Strugata – Die schönste Zeit. Weihnachten in aller Welt/ mit Illustrationen von Ewa Poklewska-Kozietto

Blicken wir auf die Länder unserer Erde, dann wirken die Völker selten vereinter als zum Weihnachtsfest. Es scheint schier unglaublich, dass überall auf der Welt die Geburt eines Kindes gefeiert wird, das vor zweitausendunddreiundzwanzig Jahren auf die Welt kam. So identisch auch der Ursprungsgedanke war und ist, so gibt es doch von Land zu Land, manches Mal sogar von Region zu Region einige Unterschiede, wie die Menschen das Fest begehen. Diese Unterschiede zeugen von einer wunderbaren kulturellen Vielfalt auf unserer Erde. Sie zu kennen, hilft Barrieren abzubauen und stiftet Toleranz.

Autorin Monika Utnik-Strugata hat hierzu – gemeinsam mit der Künstlerin Ewa Poklewska-Kozietto – ein ganz wunderbares Bilderbuch erschaffen. In kleinen Kapiteln, die hervorragend zum Vorlesen einladen, begab ich mich auf eine Rundreise um unseren Globus und staunte über einige mir bisher unbekannten Traditionen, entdeckte humorvolle und berührende Geschichten aber erfuhr ebenso von so manchen Kuriositäten.

Das Lucia-Fest, an dem am 13. Dezember in Schweden Umzüge mit Kerzen stattfinden, ist in der Zwischenzeit ja durchaus auch uns schon bekannt. Weniger bekannt ist allerdings der Brauch aus Spanien, bei dem sechs oder zwölf Knaben einen spektakulären Tanz vor dem Hauptaltar einer Kirche aufführen. Auch war mir nicht bekannt, dass im Dezember die Menschen in Kolumbien oder Mexiko sich gern gegenseitig Streiche spielen – ähnlich unserer Aprilscherze.

Auch wird mancher Aberglaube, der in einigen Ländern noch weit verbreitet ist, beleuchtet, warum am Heiligabend etwas nicht (oder gerade doch) getan werden sollte. Anekdote aus meiner Kindheit: Ich bin mit der Warnung aufgewachsen, dass ich auf keinem Fall zwischen Weihnachten und Neujahr meine Wäsche nach draußen hängen sollte, da dies mir Unglück für das kommende Jahr bringen würde. Warum? Wieso? Weshalb? Diese Fragen konnte mir niemand beantworten: Es war eben ein Aberglaube, der von Generation zu Generation weitergegeben wurde.

Selbst klassische Geschichten, die schon so sehr ein Teil der internationalen Weihnachtstraditionen geworden sind, finden in diesem Buch Erwähnung: Da werden dem geizigen Scrooge „Die Geister der Weihnacht“ heraufbeschworen, und „Der Nussknacker und der Mäusekönig“ buhlen um die Gunst der entzückenden Clara. Aber auch die Herkunftsgeschichte des wohl bekanntesten Weihnachtsliedes der Welt „Stille Nacht“ bleibt nicht im Verborgenen.


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Auch den unterschiedlichen Pflanzen, die besonders zur Advents- und Weihnachtszeit beliebt sind, werden in diesem Buch ebenso gewürdigt, wie den verschiedenen Bräuchen, die Glück und Zufriedenheit für das Neue Jahr bringen sollen. Und selbstverständlich erhalten die jüngsten Leser*innen endlich Antworten auf einige sehr, sehr wichtige Fragen, wie „Wie sieht eigentlich der Nikolaus aus?“ oder „Wer bringt die Geschenke?“.

Die Illustrationen von Ewa Poklewska-Kozietto sind ganz wundervoll: Einerseits wirken sie herrlich verspielt mit einer beinah kindlichen Naivität. Andererseits sind sie aber doch so detailreich, dass sie uns einen gelungenen Einblicke zur jeweiligen Region ermöglichen, sei es in der Gestaltung der landestypischen Trachten, der landschaftlichen Unterschiede oder der architektonischen Besonderheiten.

So saß ich staunend über diesem Buch gebeugt und erfreute mich an seiner Lektüre. Dabei konnte ich mir so manches Mal einen überraschten Ausruf nicht verkneifen, um dann meinen Gatten anzusprechen: „Ach, schau mal. Das hätte ich nicht gedacht! Hast Du gewusst, dass…?“ Es folgte immer die Information über ein weihnachtliches Detail, das ich bisher für „typisch deutsch“ hielt aber anscheinend aus einem anderen Land „gemopst“ wurde. Und so fühlte ich mich wieder einmal bestätigt, dass wir alle hier auf dieser unserer Erde auf der einen oder anderen Art miteinander verbunden sind…!


erschienen bei NordSüd / ISBN: 978-3314105432 / in der Übersetzung von Angelika Gajkowski