[Konzert] ERÖFFNUNGSGALA 2024/2025 / Stadttheater Bremerhaven

mit der Ouvertüre zu RUSLAN UND LUDMILLA von Michail Glinka sowie Arien, Songs und Musiken von Alan Jay Lerner & Frederick Loewe, Sergei Prokofjew, Wolfgang Amadeus Mozart und Giacomo Puccini

mit Ausschnitten aus DER DIENER ZWEIER HERREN von Carlo Goldoni/ Kay Neumann, TARTÜFF ODER DER GEISTIGE von John von Düffel, WOLF von Saša Stanišić, DIE WELT ZWISCHEN DEN NACHRICHTEN von Judith Kuckart & Ensemble sowie dem Ballett ROMEO UND JULIA von Alfonso Palencia

Premiere: 31. August 2024 / besuchte Vorstellung: 31. August 2024

Stadttheater Bremerhaven / Großes Haus


MUSIKALISCHE LEITUNG Marc Niemann, Davide Perniceni, Hartmut Brüsch
CHOR Edward Mauritius Münch
SZENISCHE EINRICHTUNG Annika Ellen Flindt
MODERATION Lars Tietje, Marc Niemann, Peter Hilton Fliegel, Bianca Sue Henne, Alfonso Palencia, Markus Tatzig

Musiktheater: Ulrich Burdack, Marcin Hutec, Andrew Irwin, Victoria Kunze, Boshana Milkov, Agnes Selma Weiland (als Gast), Thomas Paul (als Gast)
Ballett: Melissa Festa, Arturo Lamolda Mir
Schauspiel: Frank Auerbach, Henning Z Bäcker, Anna Caterina Fadda, Leon Häder, Angelika Hofstetter, Kay Krause, Julia Lindhorst-Apfelthaler, Alexander Smirzitz, Marc Vinzing, Marsha B Zimmermann, Aom Flury (als Gast)
JUB: Janek Biedermann, Ulrich Fassnacht, Meike Hoßbach, Coco Plümer
Opernchor am Stadttheater Bremerhaven
Philharmonisches Orchester Bremerhaven


Die Tür der Tiefgarage öffnete sich und schlagartig war die Musik vom nahen Weinfest auf dem Theodor-Heuss-Platz zu hören. Auf dem Theatervorplatz standen einsam die Bühne sowie einige Pavillons und wartete auf ihren Einsatz beim morgigen Theaterfest. Aus den Fenstern des Theater erstrahlte warmes Licht und lockte mich ins Innere. Die neue Spielzeit konnte (durfte endlich) beginnen.

Eröffnet wurde die Gala mit der Ouvertüre zu RUSLAN UND LUDMILLA von Michail Glinka, die das Philharmonische Orchester unter der Leitung von GMD Marc Niemann energiegeladen vortrug und so die Gala voller Schwung eröffnete. Marc Niemann versprach ein Wiederhören mit diesem musikalischen Werk beim NEUJAHRSKONZERT, das zudem mit einer wunderbaren Besonderheit aufwarten wird. Doch auch unter dem Dirigat von Hartmut Brüsch und Davide Perniceni, die den Taktstock bei den Programmpunkten zu den ihnen anvertrauten Produktionen übernahmen, zeigten die Musiker*innen des Philharmonischen Orchesters ihr Können.

„Never change a winnig team!“: Warum sollte etwas verändert werden, was sich nur allzu gut bewährt hat? Und somit führte abermals Intendant Lars Tietje hauptverantwortlich durch das Programm und bat bei passender Gelegenheit – sozusagen als „Sidekick“ – die jeweilige Sparten-Leitung in den Personen von Peter Hilton Fliegel, Bianca Sue Henne, Markus Tatzig und Alfonso Palencia auf die Bühne.

Im Schauspiel beginnt die Spielzeit mit DER DIENER ZWEIER HERREN, einem Komödien-Klassiker von Carlo Goldoni, der durch Kay Neumann einen Bremerhaven-typischen Touch erhielt. Frank Auerbach, Henning Z Bäcker, Anna Caterina Fadda, Kay Krause, Alexander Smirzitz, Marsha B Zimmermann und Aom Flury zeigten in der dargebotenen Szene, wie viel Esprit in diesem Stück steckt.

Statt einer klassischen Operette gibt es in diesem Jahr ein Musical, das allerdings sehr in der europäischen Musik-Tradition verankert ist und seit der deutschen Erstaufführung zu den beliebtesten Werken seiner Gattung zählt: MY FAIR LADY. Mit sonorem Bass wünschte sich Ulrich Burdack charmant „Bringt mich pünktlich zum Altar“. Andrew Irwin bot bei „Weil ich weiß, in der Straße wohnst du“ mit fein-akzentuierter Stimme und schelmischen Spiel eine der besten Interpretationen dieses Songs, denen ich bisher – sowohl live wie auch auf CD – lauschen durfte. Gäbe es eine bessere Wahl für die Partie der Eliza Doolittle: Bei „Ich hätt’ getanzt heut’ Nacht“ brillierte Victoria Kunze mit ihrem wunderschönen Sopran wieder bis in die höchsten Töne. Flankiert wurden die Sänger*innen durch den bestens disponierten Opernchor, bei dem der neue Chordirektor Edward Mauritius Münch für die Einstudierung verantwortlich zeichnete.

Einer der Höhepunkt der jährlichen Gala ist stets die Verleihung des Herzlieb-Kohut-Preises, mit dem besondere künstlerische Leistungen am Stadttheater Bremerhaven gewürdigt werden. Gerne rätsele ich im Vorfeld mit, wer es werden könnte. In diesem Jahr tat ich es nicht, und so wurde ich von der Entscheidung ebenso überrascht wie die Preisträgerin selbst: Eine sprach- wie fassungslose Julia Lindhorst-Apfelthaler stand – schon mit den Requisiten für die nachfolgende Szene in der Hand – auf der Bühne und wurde für ihre herausragenden darstellerischen Leistungen geehrte. Absolut verdient: HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH!

Apropos Requisiten: Diese kamen direkt im Anschluss der Preisverleihung zum Einsatz bei einer Szene aus TARTÜFF ODER DER GEISTIGE, eine Wiederaufnahme aus der vergangenen Saison. Gemeinsam mit Marc Vinzing bot Julia Lindhorst-Apfelthaler einen pointierten wie witzigen verbalen Schlagabtausch.

In dieser Saison schenkt uns Ballettdirektor und Chefchoreograf Alfonso Palencia mit ROMEO UND JULIA wieder ein Handlungsballett. Konnte bis vor wenigen Wochen die wohl bekannteste Liebesgeschichte der Welt noch auf der Sommerbühne als Schauspiel erlebt werden, wird sie nun mit den Ausdrucksmöglichkeiten des Tanzes erzählt. Melissa Festa und Arturo Lamolda Mir tanzten in der berühmten Balkon-Szene voller Leidenschaft, Ästhetik und Sinnlichkeit zur Musik von Sergei Prokofjew.


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Das JUB (Junges Theater Bremerhaven) ist immer für eine Überraschung gut: Diesmal haben sie vom mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis geadelten Kinderbuch WOLF von Saša Stanišić eine eigene Fassung für die Bühne erarbeitet. In der gezeigten Szene mimten Janek Biedermann, Ulrich Fassnacht, Meike Hoßbach und Coco Plümer eine Gruppe Jugendlicher, deren Geduld während einer Waldwanderung zunehmend auf eine harte Probe gestellt wird.

Ich konnte mir ein „Das wird aber auch Zeit!“ nicht verkneifen, als ich erfuhr, dass Marcin Hutek in LE NOZZE DI FIGARO von Wolfgang Amadeus Mozart die Partie des Grafen Almaviva übernehmen wird. Hutek ist schon seit einigen Jahren Mitglied des Musiktheater-Ensembles, doch durfte bisher sein Talent „nur“ (!) in kleineren Rollen zeigen. Ich bin der Meinung, dass da eine große Partie längst überfällig war. Dass er fähig ist, diese mit seinem warmen Bariton zu gestalten, zeigte er mit dem Rezitativ „Hai già vinta la causa!“ und der anschließenden Arie „Vedrò, mentr’io sospiro“. Boshana Milkov überzeugte abermals mit ihrem tragfähigen, schön fließenden Mezzo in der Arie des Cherubino „Non so più“. Und auch bei diesem Medley würzte der Opernchor mit „Giovani liete fiori spargete“ die Szenerie mit seinem Gesang.

Die kommende Spielzeit hält etwas Besonderes bereit: Erstmals gibt es mit DIE WELT ZWISCHEN DEN NACHRICHTEN eine Kooperation des Stadttheaters Bremerhaven mit der bremer shakespeare company, wo das Stück abwechselnd auf dem Spielplan stehen wird. Eine „Night Radio Show“ bildet den Rahmen für Shakespeares Sonette und somit für die Geschichten der Menschen, die beim Moderator anrufen und aus ihrem Leben erzählen. Leon Häder und Angelika Hofstätter machten mit ihrem Auftritt neugierig auf diese ungewöhnliche Inszenierung.

Im Musiktheater wird die Saison mit TURANDOT von Giacomo Puccini eröffnet: In der Partie der Titelfigur machte Agnes Selma Weiland mit hochdramatischen Sopran mit der Arie „In questa reggia“ nachdrücklich auf sich aufmerksam. Mit der Tenor-Arie des Opern-Repertoires „Nessun dorma“ empfahl sich Thomas Paul sehr effektvoll für die Rolle des Calàf. Bei der emotionalen Arie „Diecimile anni al nostro Imperatore“ stand Agnes Selma Weiland der Opernchor an Dramatik in nichts nach.

Mit einem frenetischen Applaus, Standing Ovation, Bravo-Rufe und Begeisterungs-Pfiffe wurden nicht nur die Künstlerinnen und Künstler verabschiedet – vielmehr galt der Dank ebenso den vielen Menschen vor, hinter, neben und über der Bühne. Denn nur in der Gemeinschaft eines Teams ist es möglich, den Theaterzauber immer wieder erneut aufleben zu lassen. 💖


Mit dieser Eröffnungsgala beginnt die SAISON 2024/2025 am Stadttheater Bremerhaven, das mich wieder mit seinem vielfältigen Programm begeistert.

[Event] LANGE NACHT DER KULTUR in Bremerhaven

22. LANGE NACHT DER KULTUR in Bremerhaven
Termin des Events: 8. Juni 2024


Je mehr ich mich Bremerhaven näherte, umso dunkler türmten sich die grauen Wolken vor mir auf, und ein Regenschauer nach dem anderen ließen den Scheibenwischer meines kleinen Autos im Akkord arbeiten. Sollte mein innerer Schweinehund Günther tatsächlich Recht behalten? Schon seit dem Morgen brüllte er mir immer wieder ins Ohr – sozusagen ins Innen-Ohr: „Bleib’ lieber zuhause! Auf dem Sofa ist es sicher, warm und trocken!“ Dabei war ich so stolz auf mich, dass ich seinem Zerren und Ziehen nicht nachgegeben hatte.

Die Stadt Bremerhaven präsentierte abermals die LANGE NACHT DER KULTUR: An verschiedenen Orten in der Stadt wurde Theater, Musik, Tanz, Kunst, Führungen und vieles mehr – natürlich kostenlos – geboten. Kulturschaffende aus den unterschiedlichsten Bereichen zeigten mit ihrem Können die kulturelle Vielfalt, die diese Stadt zu bieten hat. Völlig unverbindlich und in entspannter Atmosphäre konnten wir so in künstlerische Bereiche schnuppern, an die wir uns sonst vor lauter Respekt vielleicht nicht getraut hätten.

Wie könnte es auch anders sein, begann mein persönliches Programm am Stadttheater Bremerhaven. Von dort starteten im ¼-Stunden-Takt die „theatralen Stadtspaziergänge“: Da ließ es sich Intendant Lars Tietje nicht nehmen, die erste Führung zu übernehmen und uns – gut sichtbar anhand seines Regenschirms – zu den einzelnen Etappen der Tour zu geleiten. An vier Orten der Hafenwelten wurden wir von Ensemble-Mitgliedern aller Sparten erwartet, die uns mit einer kleinen Darbietung erfreuten.

Da verwandelte sich die Einfahrt einer Tiefgarage kurzerhand zum weltberühmten Balkon in Verona, wo „Romeo“ Richard Feist seiner großen Liebe „Julia“ Anna Caterina Fadda leidenschaftliche Worte zurief. Shakespeares ROMEO UND JULIA ist momentan auf der Sommerbühne am Stadttheater Bremerhaven zu sehen. Wenige Schritte weiter am Längengrad 8 auf der Havenplaza neben dem Klimahaus erwarteten uns die Tänzer*innen des Balletts mit Ausschnitten aus DIE VIER JAHRESZEITEN. Tür auf und raus Richtung Weser und schon stolperten wir über Carina Sönksen, Ulrich Fassnacht und Janek Biedermann vom JUB – Junges Theater Bremerhaven, die im Windschatten des Klimahauses einen Auszug aus DIE BIENE IM KOPF präsentierten. Von dort wanderten wir weiter zum Tourismuszentrum „Hafeninsel“: Direkt dahinter hatten es sich der Opernchor und Mitglieder des Musiktheater-Ensembles in der Werkhalle der gläsernen Werft gemütlich gemacht. Mit sonorer Stimme schickte Seebär Ulrich Burdack die weiße Taube „La Paloma“ auf Reise, bevor Leichtmatrose Marcin Hutek gemeinsam mit Wassernixe Victoria Kunze sehnsuchtsvoll die traditionell irische Weise „Both Sides the Tweed“ vortrug, bei der Kunze sie an der Harfe selbst begleitete. Mit Melodien aus der Operette DIE LUSTIGE WITWE hatte uns der Opernchor voller Schmiss begrüßt und verabschiedete uns ebenso wieder in den nass-grauen Abend.


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Wer sich nun fragt, wo bei diesem theatralen Stadtspaziergang das Philharmonische Orchester zu finden war, dem sei verraten „Gar nicht!“. Das Orchester stand zeitgleich im Stadtteil Wulsdorf auf der Bühne des TiF – Theaters im Fischereihafen und bot dort ein Konzert mit Werken von Béla Bartók und Johannes Brahms. Dieses sicherlich wundervolle Konzert verpasste ich ebenso wie die (ebenfalls zeitgleiche und ebenso wundervolle) Tanz-Vorführung „Wir tanzen um die Welt“ der Tanzschule DanceArt, die gemeinsam mit dem Historischen Museum zu Gast im Weser Yacht Club im Stadtteil Geestemünde waren.

Und selbst ortsnah direkt in der City war die Fülle an Angeboten so groß, dass ich vorab mir schon ein kleines Programm zusammengestellt hatte, das mich allerdings von spontanen Änderungen nicht abhielt. So statte ich der Bgm.-Smidt-Gedächtniskirche zwar einen Besuch ab, verzichtete allerdings auf das Crossover-Orgelkonzerte mit Hits von Udo Lindenberg und Herbert Grönemeyer, da dies parallel zur Jazz-Session in der Stadtbibliothek stattfinden würde. Meinen Durst nach Rock, Pop und Schlager stillte dafür das Blasorchester Wulsdorf, das mit Medleys aus Songs von Abba bis Les Humphries Singers das Publikum in der Fußgängerzone ordentlich einheizte.

Apropos einheizen: Nachdem ich mich nun zwei Stunden lang vom typischen norddeutschen Schmuddelwetter hatte durchwehen und durchfeuchten lassen, freute ich mich auf ein warmes Plätzchen vor der Strandkorbbühne der Stadtbibliothek, wo ich mich auch innerlich mit einem Heißgetränk wieder aufwärmen konnte. Für meine Wärme an Herz und Seele sorgten auf der Bühne die fünf Mannen der Jazzformation „Can`t Stop & Friends“: Sie boten so herrlich relaxt die Jazz-Standards in Kombination mit Samba- und Bossa Nova-Rhythmen dar, dass ich verzückt mitgrooven musste.

Nachdem mein kultureller Hunger ausgiebig und auf das Allerbeste gestillt wurde, meldete sich nun ganz profan der körperliche Hunger, der meine Füße (incl. dem nicht unerheblichen Rest meines Körpers) zu einer Würstchenbude lenkte. Da ich mich nicht zwischen Schinkenkrakauer und Rostbratwurst entscheiden konnte, nahm ich einfach beides. Denn bei diesem „Programm“ musste ich mich nicht entscheiden: Hier durfte und konnte ich parallel genießen. „Möchten Sie Senf zu ihren Würstchen?“ „Aber bitte gerne!“

„Ach ja, und Günther?! Du kannst mich mal!“ 😝


BITTE VORMERKEN: Im nächsten Jahr findet die LANGE NACHT DER KULTUR in Bremerhaven am 14. Juni 2025 statt.

[Kinder- und Jugendtheater] Erich Kästner – DAS DOPPELTE LOTTCHEN / Stadttheater Bremerhaven

Familienstück zur Vorweihnachtszeit / nach dem Kinderbuchklassiker von Erich Kästner / für die Bühne bearbeitet von Henning Bock und Jürgen Popig // ab 6 Jahren

Premiere: 17. November 2023 / besuchte Vorstellung: 10. Dezember 2023
Stadttheater Bremerhaven / Großes Haus


INSZENIERUNG Jens Kerbel
BÜHNE & KOSTÜME Toto
DRAMATURGIE Bianca Sue Henne
REGIEASSISTENZ Sydney Mikosch
INSPIZIENZ Regina Wittmar
THEATERPÄDAGOGIK Katharina Dürr


Die Schwingtür hinter mir pendelte sich langsam aus, als ich an diesem frühen Nachmittag den Kassenraum verließ und weiter zur Garderobe schlenderte. Die Dame an der Garderobe und ich sahen uns an, beinah zeitgleich öffneten wir die Münder zum Gruß, dann zögerten wir beide. „Jetzt hätte ich ihnen beinah einen guten Abend gewünscht!“ stammelte ich. Die Dame an der Garderobe lachte und sagte „Ich hatte es auch auf der Zunge. Es ist nicht ihre Zeit!“. Stimmt, es war nicht meine übliche Zeit, an der ich sonst dieses Theater betrete. Doch was blieb mir anderes übrig: Für Erich Kästner erscheine ich auch gerne zur unüblichen Zeit! 😄

Sie sind wahrscheinlich das bekannteste Zwillingspaar in der Literaturgeschichte: Luise Palfy aus Wien und Lotte Körner aus München. Schon in den 40er Jahren konzipierte Kästner ein Filmtreatment zu diesem Stoff, dass er dem Filmregisseur Josef von Báky vorstellte. Doch ein von den Nationalsozialisten verhängtes Arbeitsverbot durchkreuzte seine Filmpläne. So arbeitete Kästner nach Kriegsende die Geschichte zunächst zu einem Roman aus, dem wenige Jahre später der Film unter von Bákys Regie folgen sollte.

Kästner sprach im biederen Nachkriegsdeutschland Themen an, die damals zu Diskussionen führten. Das Thema Scheidung war wohl vormals noch nie in einem Kinderbuch zur Sprache gekommen. Auch die Figur der selbstständigen, alleinerziehenden und berufstätigen Mutter entsprach ebenso wenig dem gängigen Klischee, wie die Charakterisierung der beiden Mädchen, die eigenständig agieren und jede für sich eine entscheidende Entwicklung durchmachen.

Nachdem die Verfilmung von 1950 ein großer Erfolg wurde und sogar als erster Film den Bundesfilmpreis erhielt, sollten weitere, auch internationale Verfilmungen folgen. Kein Wunder, dass das doppelte Lottchen zwangsläufig ihren Weg auf die Bühne finden musste.

Endlich Sommerferien! Luise hat schnell alle Kinder im Ferienheim fest im Griff – bis Lotte vor ihr steht und sie die Welt nicht mehr versteht, denn dieses Mädchen gleicht ihr wie ein Ei dem anderen – jedoch nur von außen, denn im Temperament könnten die beiden nicht unterschiedlicher sein. Da sie auch am selben Tag Geburtstag haben, kommt schnell heraus, was hier los ist: Ihre feinen Eltern haben sich kurz nach der Geburt der Mädchen getrennt – und die Kinder gleich mit. Doch da haben sie die Rechnung ohne ihre Zwillinge gemacht! Luise und Lotte tauschen nach den Ferien die Rollen, um die Familie wieder zusammen zu bringen. Ein großer Spaß, denn hier geht so einiges schief auf dem Weg zum Happy End!

(Inhaltsangabe dem Programmzettel zu dieser Produktion entnommen.)

Die in Bremerhaven gespielte Fassung von Henning Bock und Jürgen Popig kam 2002 im Staatstheater Stuttgart zur Uraufführung und besticht mit seiner deutlichen Nähe zum Ur-Text. Die Dialoge scheinen eins zu eins dem Roman entnommen zu sein. Dafür vermisste ich die leisen Töne, die Kästner dem Erzähler des Romans bzw. sich selbst bei der Verfilmung in den Mund legte.


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In Bremerhaven setzte Regisseur Jens Kerbel auf Tempo. Dabei schrammte er manchmal nah an der Hektik vorbei. Vielleicht war dies auch der ursprünglich geplanten Aufführungsdichte geschuldet: Bei einer Spiellänge von ca. 75 Minuten ohne Pause und Vorstellungen um 9.00 und 11.00 Uhr bleibt nicht viel Zeit für interpretatorischem Schnickschnack. Dafür passierte ständig etwas auf der Bühne, das die Aufmerksamkeit der kleinen wie großen Zuschauer*innen fesselte. Zusammen mit den Schauspieler*innen kreierte Kerbel so manch herrlich ulkige Szene, verstand es aber auch sowohl die unterschiedlichen Charaktere der Zwillinge als auch deren zögerliche Annäherung und spätere Verbundenheit sichtbar und somit nachvollziehbar zu gestalten. Auch gefiel mir sehr der „offene“ Schluss, der nicht mit der obligatorischen Wieder-Heirat der Eltern endet, sondern aufmerkt, dass es verschiedene Möglichkeiten des familiären Zusammenlebens gibt.

Aussatter Toto (aka Torsten Mittelstädt) stapelte große Bauklötze auf der Drehbühne, die je nach Winkel die unterschiedlichen Handlungsorte darstellten, und ermöglichte so einen flüssigen „Umbau“. Dabei wurde auch die Seitenbühne klug in das Konzept involviert. Gemeinsam mit den markanten Details, die vom Schnürboden schwebten, und den gefälligen Hintergrundprojektionen schuf er eine stimmungsvolle Atmosphäre. Maske und Kostüm verorteten die Handlung in die 50er Jahre und gefielen in ihrem charmanten Retro-Chic.

Diese Verortung empfand ich als äußerst angenehm, da es der Geschichte einen märchenhaften Anstrich gab, aber gleichzeitig zeigte, dass die „gute alte“ Zeit eben genau dies nicht war. Zudem war Kästner (wie so oft) so weitsichtig, dass er in seinen Kinderbüchern solch universelle Themen ansprach, die auch heute noch ihre Gültigkeit besitzen. Würde die Handlung im Hier und Jetzt spielen, wäre es zudem völlig unglaubwürdig, dass das Geheimnis der Zwillinge „dank“ Whatsapp, Tik Tok & Co. geheim bleiben könnte.

Sieben Schauspieler*innen stehen auf der Bühne, erwecken die Kästner’schen Figuren zum Leben und schlüpfen – außer im Falle unserer Titelheldinnen – in die verschiedensten Rollen. Janek Biedermann eröffnet die Szenerie: Sein Erzähler ist eine Mischung aus Zirkusdirektor und Clown. Zudem gibt er – neben Lottes Lehrer in München – noch den Dr. Strobel nebens Hund Pepperl in Wien und amüsiert als Metzger Huber mit seiner Hüften schwingenden Elvis-Imitation. Allein der enorme Größenunterschied zwischen ihm als verhuschter Herr Ulrich und Isabel Zeumer als resolute Frau Muthesius sorgte schon für viele Lacher im Publikum. Isabel Zeumer gefiel zudem als verängstigte Kellnerin und lieferte sich als tolpatschige Resi ein komisches Duell mit dem Telefonkabel oder kämpfte verzweifelt widerwillig mit dem Hund Pepperl auf ihrem Arm.

Carina Sönksen, Ulrich Fassnacht und Marsha Zimmermann standen vor der herausfordernden Aufgabe sowohl in die Rollen von Kindern wie auch Erwachsenen zu schlüpfen und meisterten diese Wandlung souverän. Konnte Carina Sönksen als Trude zwangsläufig weniger Eindruck hinterlassen, gelang ihr dies als rustikale Anni Habersetzer, die kleinere Kinder trietzt, durchaus besser. Als kapriziöse, eitle und verwöhnte Irene Gerlach, die mit allen Mitteln bekommt, was sie begehrt, sicherte sie sich die Antipathie des Publikums. Ulrich Fassnacht polterte überzeugend als ewig hungriger Rabauke Chris über die Bühne, um dann in den Smoking des schöngeistigen Dirigenten und Komponisten Ludwig Palfy zu schlüpfen, dessen ach so gemütliche Welt plötzlich durcheinander gerät. Marsha Zimmermann sorgte als Scheidungskind Steffie für einen berührenden Moment. Als sympathische Luiselotte Körner war sie von einem handfesten Pragmatismus in ihrem Versuch, ihre Doppelrolle als alleinerziehende Mutter und berufstätige Frau zu meistern.

Das Titel gebende Duo teilten sich Coco Plümer als Lotte Körner und Gästin Fenja Abel als Luise Palfy. Sehr schön harmonierten sie in ihrem gemeinsamen Zusammenspiel und formten – trotz optischer Ähnlichkeit – zwei deutlich voneinander zu unterscheidende Persönlichkeiten. Fenja Abels Luise war der quirligere, spontanere Zwillinge mit einem großen Sinn für Gerechtigkeit. Coco Plümer porträtierte Lotte dagegen ernster, patenter und beinah (zu) erwachsen. Luise handelt erst und überlegt dann; Lotte überlegt, bevor sie handelt: Beide Schauspielerinnen schafften es so, die bisherige Prägung der Figuren aus dem jeweils halben Elternhaus in die Entwicklung ihrer Rollen einfließen zu lassen.

Fun Fact: Ratet mal, welche Oper Ludwig Palfy dirigiert, während seine Tochter Luise alias Lotte ihm von der Loge aus zusieht? Diese Märchenoper spielt im Roman und somit auch in dieser Bühnenfassung eine nicht unerhebliche Rolle und kann als Allegorie für die Situation der Zwillinge gedeutet werden. So wird sie einerseits in der (Alp-)Traum-Sequenz zitiert, aber auch während der Vorstellung erklingen immer wieder ihre Melodien. Diese Märchenoper steht zurzeit auf dem Spielplan des Stadttheaters Bremerhaven. Kann das wirklich ein Zufall sein?!

Das Stadttheater Bremerhaven schenkte mir 75 höchst kurzweilige und amüsante Minuten mit einer Inszenierung, bei der nicht nur „Kästner“ drauf stand, sondern auch erfreulich viel „Kästner“ drin war!


Radio Bremen hat seine gnadenlosesten Kritiker*innen in die Premiere geschickt:

https://www.butenunbinnen.de/videos/weihnachtsmaerchen-das-doppelte-lottchen-stadttheater-bremerhaven-100.html


Noch bis zum 2. Weihnachtsfeiertag tollen die berühmten Zwillinge als DAS DOPPELTE LOTTCHEN über die Bühne des Stadttheaters Bremerhaven.

[Konzert] ERÖFFNUNGSGALA 2023/2024 / Stadttheater Bremerhaven

mit dem Main-Theme aus „The Sea Hawk“ von Erich Wolfgang Korngold sowie Arien und Musiken von Jerry Bock, John Du Prez & Eric Idle, Antonín Dvořák, Franz Lehár und Giacomo Puccini

mit Ausschnitten aus „Der zerbrochne Krug“ von Heinrich von Kleist, „Glanz“ von Christina Kettering, „Der Untergang des Hauses Usher“ von Justine Wiechmann und Elisabeth Kirschbaumer (nach Edgar Allan Poe) und dem Ballett „Seelen“ von Alfonso Palencia

Premiere: 2. September 2023 / besuchte Vorstellung: 2. September 2023

Stadttheater Bremerhaven / Großes Haus


Musikalische Leitung: Marc Niemann, Davide Perniceni, Hartmut Brüsch, Tonio Shiga
Chor: Mario Orlando El Fakih Hernández
Szenische Einrichtung: Annika Ellen Flindt
Moderation: Lars Tietje, Peter Hilton Fliegel, Bianca Sue Henne, Alfonso Palencia,
Markus Tatzig

Musiktheater: Ulrich Burdack, Signe Heiberg, Marcin Hutec, Andrew Irwin,
Konstantinos Klironomos, Victoria Kunze, Boshana Milkov
Ballett: Helena Bröker, Melissa Festa, Volodymyr Fomenko, Lucia Giarratana,
Arturo Lamolda Mir, Marco Marongiu, Alícia Navas Otero, Zoe Irina Sauer Llano,
Melissa Panetta, Clara Silva Gomes, Ming-Hung Weng, Dawon Yang
Schauspiel: Frank Auerbach, Richard Feist, Justus Henke, Kay Krause, Marc Vinzing,
Marsha Zimmermann
JUB: Janek Biedermann, Ulrich Fassnacht, Coco Plümer
Opernchor am Stadttheater Bremerhaven
Philharmonisches Orchester Bremerhaven


„The same procedure as every year!“

…könnte man ausrufen, denn – Ja! – der Ablauf einer Eröffnungsgala am Stadttheater Bremerhaven ist Jahr für Jahr recht identisch – nur die Inhalte variieren natürlich. Und gerade dieses Festhalten am Gewohnten schafft für mich als Zuschauer eine wohlbekannte und kuschelige Sicherheit und steigert meine Vorfreude, dass ich nach den enthaltsamen Sommermonaten endlich wieder Theaterluft schnuppern darf.

Gleich zu Beginn der Gala kredenzte uns das Philharmonische Orchester unter der Leitung von GMD Marc Niemann ein Highlight (von vielen, die noch folgen sollten): Das musikalische Hauptthema einer filmischen Piraten-Schmonzette mit Errol Flynn aus dem Jahre 1940, zu der niemand geringerer als Erich Wolfgang Korngold die Musik beisteuerte und so ganz nebenbei die Filmmusik revolutionierte. Das Motto der diesjährigen Konzert-Saison lautet Fremde Heimat: Korngold war vor den Nazis nach Amerika geflohen und musste sich dort eine neue Existenz aufbauen. War der Film „The Sea Hawk“ auch ein Leichtgewicht, so war es die Musik von Korngold ganz und gar nicht, die Niemann mit dem Philharmonische Orchester symphonisch-voluminös und mit einer enormen Klangfülle zu Gehör brachten. Doch auch Davide Perniceni, Hartmut Brüsch und Tonio Shiga ließen es sich nicht nehmen, bei den Programmpunkten zu den ihnen anvertrauten Produktionen hier bei der Eröffnungsgala den Taktstock zu schwingen.

Intendant Lars Tietje gab auch in diesem Jahr einen launig-entspannten Conférencier und holte sich bei passender Gelegenheit die jeweilige Sparten-Leitung in den Personen von Peter Hilton Fliegel, Bianca Sue Henne, Markus Tatzig und Alfonso Palencia an seine Seite.

Frank Auerbach, Richard Feist, Justus Henke und Marsha Zimmermann sorgten mit einem Ausschnitt aus Heinrich von Kleists Lustspiel-Klassiker DER ZERBROCHNE KRUG, der in einem moderneren Gewand präsentiert wird, für die ersten Lacher im Publikum. Der zum Einsatz kommende Kühlschrank mit „Special Effect“ könnte sich durchaus zum Running-Gag entwickeln.

Die Weihnachtspremiere der Oper RUSALKA von Antonín Dvořák verspricht ein ungewöhnliches Hörerlebnis, da sie in tschechischer Sprache aufgeführt wird. Dies ist bestimmt auch für die Sänger*innen eine Herausforderung, die aber hervorragend gemeistert wird, wie Boshana Milkov sowie Ulrich Burdack gemeinsam mit dem Opernchor, der wieder bestens durch Mario Orlando El Fakih Hernández vorbereitet wurde, nachdrücklich unter Beweis stellten.

Auch in diesem Jahr kam es zur Verleihung des Herzlieb-Kohut-Preises, mit dem besondere künstlerische Leistungen am Stadttheater Bremerhaven gewürdigt werden. In diesem Jahr wartete die Jury mit einer Überraschung auf: Nicht eine Person oder Sparte wurde geehrt, diesmal erhielten Toni Burkhardt (Regie), Adriana Mortelliti (Kostüme) und Wolfgang kurima Rauschning (Bühnenbild) gemeinsam diese Auszeichnung für ihre grandiose Umsetzung der Oper BREAKING THE WAVES. Völlig verdient: Auch mich hatte diese Inszenierung nachhaltig beeindruckt.

Die letztjährige Preisträgerin Victoria Kunze behauptete gegenüber ihrem „Partner in Crime“ Andrew Irwin (😉) „Ich bin eine anständ’ge Frau“. Na, ob das wirklich stimmt, da können wir uns in DIE LUSTIGE WITWE, dem Operetten-Klassiker von Franz Lehár überzeugen. Mit einem schmissigen „Ja, das Studium der Weiber ist schwer“ spülten uns Signe Heiberg, Ulrich Burdack und Konstantinos Klironomos mit Unterstützung des Operchores aus dem Saal hinaus in die Pause.

Erst seit einer Spielzeit ist Alfonso Palencia als Ballettdirektor am Haus, und schon hat er deutliche künstlerische Spuren hinterlassen. So überzeugen seine Choreografien durch Emotionalität und Ästhetik. Dies galt auch für die gezeigten Ausschnitte aus dem drei-geteilten Ballettabend SEELEN, die von der Company grandios umgesetzt wurden. Am Ende erhielten die Tänzer*innen einen frenetischen Applaus als Lohn. Tanz scheint mir die Kunstform zu sein, die dem Künstler am Meisten abverlangt und das höchste Maß an Disziplin fordert.


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In dieser Spielzeit steht mit GLANZ von Christina Kettering eine Uraufführung auf dem Spielplan vom JUB (Junges Theater Bremerhaven). In diesem Stück erfindet sich eine junge Frau via Social Media neu und verstrickt sich immer weiter in Lügen: Coco Plümer, Janek Biedermann und Ulrich Fassnacht zeigten mit einem Ausschnitt, wie nah dieses Thema an der Gefühlswert der heutigen Jugend ist.

Doch nicht nur aktuelle Themen werden in den Spielplänen der einzelnen Sparen aufgegriffen, auch die Freunde der klassischen Grusel- und Schauerliteratur kommen weiterhin auf ihre Kosten: Schon in der vergangenen Spielzeit hatte DER UNTERGANG DES HAUSES USHER von Justine Wiechmann und Elisabeth Kirschbaumer (nach der gleichnamigen Erzählung von Edgar Allan Poe) Premiere. Diese beim Publikum sehr beliebte Inszenierung wird auch in dieser Saison weiterhin als Wiederaufnahme zu sehen sein, aus der Marc Vinzing den großen Eröffnungs-Monolog im beinah dunklem Saal gekonnt-unheilschwanger zum Besten gab.

Mit TOSCA von Giacomo Puccini eröffnet das Musiktheater die neue Saison und bietet nicht nur einen Klassiker und Publikumsliebling des Genres, sondern hier am Stadttheater Bremerhaven mit Signe Heiberg und Konstantinos Klironomos zudem ein fulminantes Leading-Paar. Schon mit „Meno male! Egliè la“, der ersten Szene des Tosca-Blocks, in der Marcin Hutec, Andrew Irwin und Konstantinos Klironomos vor dem Orchester standen und sangen, während stückbedingt Signe Heiberg gemeinsam mit dem Opernchor und dem Extrachor von der Seitenbühne zu hören waren, zeigte eindringlich die hohe sängerische Qualität des Hauses. Cavaradossis Arie „E lucevan le stelle“ gestaltete Konstantinos Klironomos voller Wehmut und Trauer, während Toscas „Vissi d’arte“ bei Signe Heiberg sich vom anfänglichen Klagelied beinah bis zur kämpferischen Hymne steigerte. Grandios!!!

Auch wenn das „große“ Musical in dieser Spielzeit beim Schauspiel zu finden ist, so hat das Musiktheater mit THE APPLE TREE von Jerry Bock und Sheldon Harnick zumindest eine deutschsprachige Erstaufführung am Start. Dem Team Bock/Harnick verdanken wir u.a. das wunderbare Musical „Anatevka (Fiddler on the Roof)“. THE APPLE TREE verspricht, ein musical-isches Schmankerl in bester Broadway-Sound-Tradition (Die Ouvertüre wusste schon zu gefallen!) zu werden. Das Musical beschäftigt sich in drei in sich abgeschlossenen Geschichten um das Thema „Verführung“: So dürfen sich Adam und Eva mit der Schlange kabbeln, oder eine junge Frau aus bescheidenen Verhältnissen träumt vom Glitzer der Show-Welt. Apropos: Marcin Hutek war in den vergangenen Spielzeiten ja schon so einiges, u.a. Chef des Olymps. Jetzt durfte er als Schlange den Sündenfall verschulden und versuchte musikalisch seine „Verbot’ne Frucht“ an die Frau zu bringen. Mit „Wahnsinn“ amüsierte Victoria Kunze keck als aufstrebendes aber sich selbst überschätzendes Show-Sternchen. Andrew Irwin gestaltete Adams Klagelied auf „Eva“ so fein akzentuiert, dass es die reine Freude war, ihm zu lauschen.

Das „große“ Musical ist – wie schon erwähnt – in dieser Spielzeit beim Schauspiel verankert: Bei der Musical-Parodie SPAMELOT von Eric Idle und John du Prez nach Monty Phytons „Die Ritter der Kokosnuss“ erwarte ich allerdings auch keinen Schön-Gesang sondern vielmehr ein Feuerwerk an Pointen, die – im wahrsten Sinne des Wortes – auf dem Punkt kommen. Trotzdem dürfen wir uns auf ein komplettes Orchester incl. Opernchor freuen. Bei „Such den Gral“ überzeugte Kay Krause mit gekonntem Sprechgesang als kauziger König Artus. Für die erkrankte Julia Lindhorst-Apfelthaler, die in dieser Inszenierung die Fee aus dem See geben wird, sprang bei der Eröffnungs-Gala kurzfristig Boshana Milkov ein und „soulte“ sich voller Wonne durch den Song.

Mit dem Ohrwurm „Always look on the bright side of life“ wurden wir in die laue Sommernacht Bremerhavens entlassen.


Mit dieser Eröffnungsgala beginnt die SAISON 2023/2024 am Stadttheater Bremerhaven, das mich wieder mit seinem vielfältigen Programm begeistert.